a) Branchen- oder Gattungsbezeichnungen
Rz. 86
Nichtssagende Bezeichnungen wie reine Branchenangaben genügen nicht und sind unzulässig. Die Firma muss zur Individualisierung geeignet sein, was bei Branchen- oder Gattungsbezeichnungen nicht der Fall ist. Auch nach neuem Recht können allein mit Branchenangaben wie "Gaststätten", "Bau" oder "Transport" keine Sachfirmen gebildet werden. Darüber hinaus liegt in Gattungsbezeichnungen die "Selbstberühmung", das einzige oder eines der bedeutendsten Unternehmen innerhalb seiner Gattung zu sein. Außerdem spricht das Freihaltebedürfnis des Verkehrs dagegen, Branchen- oder Gattungsbezeichnungen genügen zu lassen.
Beispiele: Nicht eintragungsfähige Sachfirmen
"Stapler-Vermietung", "Gebäudereinigung", "Eisenhandel", "Mineralölvertrieb" oder "Bauland".
An der Grenze liegt eine Entscheidung des BayObLG, nach der "inter-handel" zulässig sein soll, weil eine "gewisse Eigentümlichkeit" nicht zu verkennen sei. Zulässig als nicht nur beschreibende Gattungsbezeichnung sind aber die Firmenbestandteile "Floratec" und "meditec".
Auch die Begründung zum RegE spricht für die hier vertretene Meinung. Es heißt dort, die Unterscheidungskraft von Fantasiefirmen könne durchaus größer sein als die von Sachfirmen, die dem Unternehmensgegenstand entnommen sind. Sachfirmen seien nämlich wegen ihres von ihrer Natur her eher beschreibenden Charakters bei Unternehmen, die in dem gleichen Wirtschaftssektor tätig sind, zwangsläufig dem Risiko fehlender Unterscheidungskraft ausgesetzt.
Rz. 87
Individualisierende Zusätze können Gattungsfirmen aber unter bestimmten Umständen zulässig machen. Insoweit kommen zunächst Fantasiebezeichnungen in Betracht und auch Ortsnamen, sofern diese Zusätze nicht ihrerseits täuschen (zur Täuschungseignung s.u. Rdn 97 f.). Werden Gattungsbezeichnungen mit Ortsbezeichnungen verbunden, müssen Letztere aber an sich zulässig sein, um das Gebot firmenrechtlicher Individualisierung zu erfüllen. Nach der hier vertretenen Ansicht zur Aussprechbarkeit von Buchstabenkombinationen genügt regelmäßig auch das Hinzufügen von mindestens zwei Buchstaben zur Individualisierung.
Die Firma "Autodienst – Berlin Ltd." soll die nach § 18 Abs. 1 HGB erforderliche (abstrakte Unterscheidungskraft besitzen, da die Kennzeichnung nach ihrer Art geeignet ist, ihren Inhaber von anderen Unternehmensträgern unterscheidet. Bloße Branchen- oder Gattungsbezeichnungen – wie hier "Autodienst" – erfüllen diese Individualisierungsfunktion zwar regelmäßig nicht und es widerspricht gleichzeitig dem Freihaltebedürfnis des Verkehrs, solche Bezeichnungen zu verwenden. Doch in ihrer Gesamtheit kommt der Firma der Beteiligten durch den weiteren Bestandteil "Berlin" ausreichende Eigenart zu. Es besteht auch kein Bedürfnis, die Zusammensetzung "Autodienst-Berlin" firmenrechtlich freizuhalten. Dritte haben weiterhin die Möglichkeit, Firmen zu gebrauchen, die die Gattungsbezeichnung "Autodienst" mit anderweitiger – zulässiger – Ortsbezeichnung oder einem sonstigen individualisierenden Zusatz enthalten.
Für die Zweigniederlassung einer englischen Private Limited Company kann sogar die Firma "Planung für Küche und Bad Ltd." zulässig sein. Sie enthält zwar nur beschreibende Angaben zum Gegenstand des Unternehmens und besitzt deshalb nach den Maßstäben des deutschen Rechts keine hinreichende Unterscheidungskraft. Allerdings besteht – im Gegensatz zu den einzelnen Bestandteilen "Planung", "Küche" und "Bad" – kein zwingendes Interesse des Allgemeinwohls daran, gerade diese konkrete Zusammensetzung mehrerer beschreibender Begriffe zu untersagen. Abzustellen ist insoweit auf die gesamte Firma, nicht auf einen ihrer Bestandteile. Handelt es sich um eine Gesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats der EU gegründet ist, sind bei der Anwendung der nationalen Vorschriften die Vorgaben der Art. 49 und 54 AEUV zu beachten. Denn es kann die Niederlassungsfreiheit einer Gesellschaft beschränken, wenn sie ihre nach Gründungsrecht in zulässiger Weise gebildete Firma in einem anderen Vertragsstaat nicht verwenden kann. Daher führt die gebotene europarechtskonforme Auslegung des § 18 Abs. 1 HGB hier zu dem Ergebnis, dass die Firma "Planung", "Küche" und "Bad" für die Zweigniederlassung zulässig ist.
Nicht überzeugend erscheint die Entscheidung des LG Hanau, in der der Firma "Real Estate International Investment AG" für eine deutsche AG die hinreichende Individualisierung abgesprochen wurde.
Wird eine Internet-Domain, die als Kern nur eine Gattungs- oder Branchenbezeichnung enthält, als Firma verwendet, wird ihr derzeit teilweise selbst mit einem individualisierenden Domainzusatz ".de" oder ".com" die Unterscheidungskraft abgesprochen. Dies erscheint m.E. zweifelhaft, da die eigene so verwendete Internetdomain nach den Vergabekriterien der DENIC gerade nur von einem einzigen Domain-Nutzer in Deutschland verwendet werden darf. Bedenkt man, dass ...