1. Grundlagen
Rz. 115
Die Firmenunterscheidbarkeit nach § 30 HGB muss von der abstrakten Unterscheidungskraft jeder Firma nach § 18 Abs. 1 HGB unterschieden werden. Das Verhältnis von § 18 Abs. 1 HGB zu § 30 HGB ist von einer Wechselwirkung geprägt. § 30 HGB schützt vorrangig im öffentlichen Interesse den Rechtsverkehr vor der Verwendung verwechslungsfähiger Firmen und begründet zu diesem Zweck das (zwingende und daher unter den Parteien nicht abdingbare) Postulat der Firmenunterscheidbarkeit bzw. Firmenausschließlichkeit. Dieser Schutz kann zwar durch den räumlich beschränkten Ansatz des Gesetzes nur teilweise verwirklicht werden; dies folgt indessen zwangsläufig daraus, dass der Registerrichter allenfalls seinen eigenen Bereich ausreichend zu überblicken vermag, und ist daher hinzunehmen. Abs. 2 und Abs. 3 von § 30 HGB enthalten spezielle Hinweise für den Einzelkaufmann und die Zweigniederlassung.
Der Schutz des Besserberechtigten (des bereits Eingetragenen) ist allenfalls Nebenfolge der Vorschrift, da er bei einer Verletzung des § 30 HGB (nur) ein Klagerecht gem. § 37 Abs. 2 HGB hat. Ggf. kann ein betroffener Gewerbetreibender unter jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche aus §§ 12, 823 Abs. 1, 826 BGB und §§ 5, 15 MarkenG geltend machen. Daneben kann sich aus der Irreführung durch täuschende Firmengleichheit auch eine Haftung ggü. Gläubigern ergeben.
Rz. 116
Für die (Eintragungs-)Entscheidung des Registerrichters ist allein § 30 HGB maßgebend, sodass eine Eintragung selbst dann zu erfolgen hat, wenn ein Verstoß gegen die anderen genannten Vorschriften vorliegen sollte; allerdings bindet die positive Entscheidung des Registerrichters über die Eintragungsfähigkeit einer bestimmten Firma den Prozessrichter in Verfahren gem. §§ 12 BGB, 15 MarkenG nicht.
Die Einhaltung des Grundsatzes der Firmenunterscheidbarkeit wird in erster Linie durch das Registergericht gem. § 37 Abs. 1 HGB, sekundär durch den zuvor eingetragenen Firmenberechtigten nach § 37 Abs. 2 HGB, sichergestellt. Das Registergericht weist nach vorheriger Zwischenverfügung (§ 26 Satz 2 HRV) eine Anmeldung zurück, wenn die Firma gegen § 30 HGB verstößt. Den Gebrauch einer unzulässigen Firma kann es nach §§ 37 Abs. 1 HGB, 392, 388 ff. FamFG unterbinden. Eine widerrechtlich eingetragene Firma kann nach § 395 FamFG von Amts wegen gelöscht werden. Für die Zweigniederlassung beschränkt § 13 Abs. 3 HGB die Prüfungskompetenz des Gerichts der Zweigniederlassung zugunsten des Gerichts der Hauptniederlassung.
2. Geltungsbereich
Rz. 117
Die – räumliche – Gewährleistung der Firmenunterscheidbarkeit ist auf denselben Ort oder dieselbe Gemeinde beschränkt, sofern nicht gem. § 30 Abs. 4 HGB mehrere benachbarte Orte oder Gemeinden zu einem gemeinsamen Firmenbezirk zusammengefasst worden sind.
Bei nachträglichen Änderungen der Orts- oder Gemeindegrenzen stellt sich die Frage, ob dadurch Änderungen der Firma der jeweils jüngeren Handelsgeschäfte erforderlich werden. Sie wird heute zutreffend verneint, sodass auch die jüngeren Firmen Bestandsschutz genießen.
3. Einzubeziehende Firmen
a) Eingetragene Firmen
Rz. 118
§ 30 HGB gilt nach dem MoPeG für alle in das Handels-, Genossenschafts-, Gesellschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragenen Firmen unabhängig von der Rechtsform des betriebenen Handelsgeschäfts und ihrer Zulässigkeit nach §§ 17 ff. HGB.
b) GmbH & Co. KG
Rz. 119
In den Firmenvergleich ist bei der GmbH & Co. KG an sich auch die Firma der Komplementär-GmbH mit einzubeziehen. Zur Unterscheidung genügen die Rechtsformzusätze (Gesellschaftszusätze) nicht, da sie am Klangbild der Firma keinen maßgebenden Anteil haben und der Rechtsverkehr ihnen keine besondere Bedeutung beimisst. Der Zusatz "Handelsgesellschaft" im Anschluss an "& Co. KG" reicht nach Ansicht des BayObLG ebenso nicht aus, um die KG ggü. der GmbH hinreichend zu individualisieren. Das gilt auch für Zusätze wie "in Liquidation", "im Vergleichsverfahren" oder "Nachfolger". Der BGH hat es aber für zulässig gehalten, unter bestimmten Voraussetzungen in der Firma der Komplementär-GmbH enthaltene untersc...