Rz. 170

Vor der Entziehung eines Wohneigentumsanteils wegen schwerer Pflichtverletzungen ist regelmäßig eine Abmahnung oder eine Unterlassungsklage notwendig.[167]

Aus Sicht des abgemahnten Wohneigentümers muss die Abmahnung als Vorbereitungshandlung der Entziehung betrachtet werden. Danach würde das Interesse des Abgemahnten, der sich gegen die Abmahnung wehrt, am Verkehrswert seines Wohneigentums ausrichten. Hier wäre ein entsprechender Abschlag vorzunehmen. Die Festsetzung auf 20 %[168] bis 1/3[169] des Verkehrswertes wäre hier angemessen.

 

Rz. 171

Erklärt die WEG eine Abmahnung durch einen Rechtsanwalt, ist die Zielrichtung jedoch zunächst nicht die spätere Entziehung des Wohneigentums. Dies ist nur eine weitere Konsequenz. Die Abmahnung dient hier der Vermeidung oder Unterlassung bestimmter Pflichtverletzungen durch den abgemahnten Wohnungseigentümer. Das Interesse der WEG richtet sich also vorwiegend an dem Interesse aller Eigentümer an der Unterlassung dieser Pflichtverletzungen aus. Die Pflichtverletzungen wären damit Gegenstand der Abmahnung und konsequenterweise auch Gegenstand der Streitwertberechnung.

Bei unterlassenen Wohngeldzahlungen wäre damit der Betrag der offenen Wohngelder, bei Lärmstörungen der Wert der Nutzungswertminderungen und bei Ausübung der Prostitution die Summe der möglichen Wertminderungen aller Eigentümer zugrunde zu legen.[170]

[167] BGH, Urt. v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, www.bundesgerichtshof.de; Urt. v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, www.bundesgerichtshof.de.
[168] Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, § 49a GKG Rn 21.
[169] Monschau in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, Rn 6274a.
[170] Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, § 49a GKG Rn 57.

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