Rz. 11
Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 68 GKG. Sie ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit vom Gericht zugelassen wurde. Die Streitwertbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Rz. 12
Diese Vorschrift geht davon aus, dass die Partei des Rechtsstreites gegen den festgesetzten Streitwert vorgehen möchte. Diese kann sich stets über einen zu hohen Streitwert oder eine unterlassene Streitwertfestsetzung beschweren, weil dieser zu höheren Kosten führt. Ausnahmsweise besteht auch die Möglichkeit sich über eine zu niedrige Festsetzung zu beschweren. Das ist der Fall, wenn der Mandant zumindest teilweise obsiegt hat und damit die von der Gegenseite zu erstattenden Kosten geringer ausfallen. Letzteres führt aber nur dann zu einer Belastung, wenn der Mandant mit seinem Rechtsanwalt eine Vergütungsvereinbarung getroffen hat, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht.
Der Mandant wird und möchte in der Regel nicht gegen zu niedrig festgesetzte Streitwerte vorgehen. Deshalb kann der Rechtsanwalt – sofern das Gericht den Streitwert endgültig fehlerhaft festsetzt – nach § 32 Abs. 2 RVG auch aus eigenem Recht eine Beschwerde einlegen. Auch bei unterlassener Streitwertfestsetzung obliegt dem Rechtsanwalt ein eigenes Antragsrecht.
Die Beschwerdebefugnis liegt bei dem Rechtsanwalt, dessen Gebühren von der Festsetzung des Streitwertes betroffen sind. Dieses Recht besteht auch dann noch, wenn er das Mandat niedergelegt hat oder es ihm entzogen worden ist.
Praxistipp:
Sowohl die entstehenden Anwaltskosten als auch die Frage der einzuhaltenden Fristen orientieren sich daran, wer die Beschwerde beantragt (Mandant oder Rechtsanwalt im eigenen Namen). Machen Sie sich dies vor Antragstellung bewusst, machen Sie dies im Beschwerdeschriftsatz deutlich und sorgen Sie auch dafür, dass die entsprechenden Fristen und Arbeitsanweisungen korrekt notiert werden.
Rz. 13
Je nachdem, in wessen Namen die Streitwertbeschwerde erfolgt, bestehen andere Voraussetzungen:
Für den Rechtsanwalt ist die Streitwertbeschwerde wegen § 33 Abs. 3 RVG mit einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung des Streitwertbeschlusses möglich.
Die Partei hingegen ist nur an die Frist der §§ 68 Abs. 1 S. 3 ff., 63 Abs. 3 S. 2 GKG gebunden. Die Streitwertbeschwerde hat hier innerhalb von 6 Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung oder Erledigung des Rechtsstreits zu erfolgen. Ergeht die Streitwertfestsetzung erst innerhalb des letzten Monats dieser Frist, verlängert sich die Beschwerdefrist auf einen Monat nach Zustellung oder Mitteilung der Streitwertfeststellung.
Rz. 14
Im Falle einer versäumten Frist räumt § 68 Abs. 2 GKG dem Mandanten und § 33 Abs. 5 RVG dem Rechtsanwalt ein, ein Recht auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ein. Notwendig ist dazu, dass der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Das fehlende Verschulden wird vermutet, wenn die Streitwertentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war.
Rz. 15
Die Streitwertbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Für den Rechtsanwalt entstehen nur Gebühren nach Nr. 3500 VV RVG, wenn er die Streitwertbeschwerde für den Mandanten einlegt oder er einen anderen Rechtsanwalt bei der Heraufsetzungsbeschwerde vertritt. Für die Tätigkeit einer Streitwertbeschwerde im eigenen Namen kann er keine Gebühren veranschlagen. Kostenerstattung für die Streitwertbeschwerde gibt es nicht; § 68 Abs. 3 S. 2 GKG, § 33 Abs. 9 S. 2 RVG
Rz. 16
Der Wert der Beschwer ergibt sich bei der Streitwertfeststellung aus der Differenz der festzusetzenden Gebühren unter Berücksichtigung des angestrebten und des festgesetzten Streitwertes. Auch hier wird unterschieden, wer Antragsteller der Streitwertbeschwerde ist.
Beispiel:
Gegenstandswert |
10.000,00 EUR |
7.000,00 EUR |
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV |
798,20 EUR |
579,80 EUR |
1,2 Terminsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3104 VV |
736,80 EUR |
535,20 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale |
20,00 EUR |
20,00 EUR |
Summe |
1.555,00 EUR |
1.135,00 EUR |
zzgl. 19 % Umsatzsteuer |
295,45 EUR |
215,65 EUR |
Gebühren |
1.850,45 EUR |
1.350,65 EUR |
Gerichtsgebühren |
798,00 EUR |
609,00 EUR |
|
2.648,45 EUR |
1.959,65 EUR |
Variante 1: Der Rechtsanwalt beschwert sich über eine zu niedrige Kostenfestsetzung. Das Gericht setzt 7.000,00 EUR fest, obwohl 10.000,00 EUR angemessen wären.
Die Gerichtsgebühren finden bei der Bemessung der Beschwer keine Berücksichtigung, da der Rechtsanwalt diese nicht tragen muss. Richtigerweise müsste auch die Umsatzsteuer keine Berücksichtigung finden, da diese für den Rechtsanwalt nur einen "durchlaufenden Posten" darstellt. Dies entspricht aber nicht der herrschenden Rechtsprechung, die die Umsatzsteuer auch in diesen Fällen mitberücksichtigt. Die Beschwer ergibt sich hier also aus der Differenz von 1.850,45 EUR – 1.350,65 EUR = 499,80 EUR.
Variante 2: Der Mandant beschwert sich über eine zu hohe Kostenfestsetzung Das Gericht setzt...