Rz. 154

Die Bestimmung des Gebührenstreitwertes im WEG-Recht erfolgte seit der WEG-Novelle von 2007 nach den Grundsätzen von § 49a GKG. Dieser ist mit der WEG-Modernisierung 2020 nunmehr im neuen § 49 GKG ausschließlich auf Beschlussklagen i.S.d. § 44 Weg eingedampft worden. Für die übrigen Gebührenstreitwerte, auch wenn diese WEG-Sachen betreffen, sind damit die allgemeinen Vorschriften zu Rate zu ziehen.

Für die Bestimmung der Rechtsmittelbeschwer war § 49a GKG auch zuvor schon nicht anzuwenden, sodass Gebührenstreitwert und Beschwer jeweils andere Werte annehmen können[159] und es auch häufig taten.

 

Rz. 155

WEG-Sachen im modernen Sinne sind nach der Reformierung des § 43 WEG nunmehr nur noch:

1. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4. Beschlussklagen gemäß § 44.
 

Rz. 156

Die bisher in § 43 Abs. 5 und 6 WEG enthaltenen Klagen Dritter gegen die WEG- Gemeinschaft oder einzelne Wohnungseigentümer in Bezug auf deren Stellung als WEG-Eigentümer und Mahnverfahren der WEG sind mit der WEG-Reform 2020 aus den Zuständigkeitsnormen des § 43 WEG gestrichen worden, da der Begründung des Gesetzgebers zufolge hierfür allgemeinere Zuständigkeitsnormen in der ZPO anwendbar sein sollen.[160]

 

Rz. 157

Mit der Gesetzesänderung nimmt der Gesetzgeber einen großen Teil der Streitigkeiten aus der Sondervorschrift für die WEG-Streitwertberechnung aus. Tritt die teilrechtsfähige WEG oder der Wohnungseigentümer als Partei gegenüber Dritten auf, sind Gegenstand der Klage gerade nicht die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Dreiecksverhältnis WEG – Wohnungseigentümer – Verwalter. Schon deshalb ist § 49 GKG nicht anzuwenden. Hier erfolgt die Streitwertberechnung nach den übrigen Regeln von RVG, GKG und ZPO. Auch andere Streitigkeiten innerhalb der WEG, wie die Zahlung von bereits beschlossenem Hausgeld und Instandhaltungsrücklagen oder die Pflichten der Verwalter unterliegen damit den allgemeinen Regeln von RVG, ZPO und GKG.

In Fällen, in denen ein bezifferter Geldbetrag eingeklagt wurde, war § 49 GKG auch schon vor der Reform nicht anzuwenden.[161] Bei bezifferten Klagen und damit auch Mahnverfahren bestimmt sich der Gegenstandswert ausschließlich nach der bezifferten Hauptforderung; § 23 Abs. 1 RVG, §§ 48 Abs. 1, 43 GKG, § 3 ZPO.

[159] BGH, Beschl. v. 17.11.2016 – V ZR 86/16; Beschl. v. 9.2.2012 – V ZB 211/11, www.bundesgerichtshof.de.
[160] BT-Drucks 19/18791 S. 81.
[161] Suilmann in Jennißen, WEG, § 49a GKG Rn 10; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, § 49a GKG Rn 59; BT-Drucks 16/887, S. 76.

I. Berechnung nach § 49 GKG für Beschlussklagen

 

Rz. 158

 

§ 49 GKG Beschlussklagen nach dem Wohnungseigentumsgesetz

Der Streitwert in Verfahren nach § 44 Absatz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes ist auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen. Er darf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen.

 

Rz. 159

Der Gegenstandswert nach § 49 GKG ist durch die Bestimmung des Gesamtinteresses unter Beachtung von Ober- und Untergrenzen gekennzeichnet. Die Obergrenzen dienen der Begrenzung des Kostenrisikos insbesondere für einzelne beteiligte Wohnungseigentümer. Diese Berechnungsform gilt nunmehr ausschließlich für Beschlussklagen.

Bei der Ermittlung des Gegenstandswertes ist dabei wie folgt vorzugehen:

 

Beispiel:

Eine WEG besteht aus 10 Miteigentümern. Der Eigentümer Erich Igen ist mit 150/1000 beteiligt.

Die WEG beschließt die Modernisierung der Heizungsanlage und damit verbunden eine Modernisierungsumlage von 10.000,00 EUR. E. Igen ficht den Beschluss an. Siegfried Elf mit einem Anteil von 80/1000 tritt dem E. Igen bei. Die Klage richtet sich gegen die WEG.

1. Gesamtinteresse und Eigeninteresse

 

Rz. 160

Zunächst ist das Gesamtinteresse der Beteiligten zu bestimmen. Dieses setzt sich zusammen aus dem Eigeninteresse jeder einzelnen Partei. Mit der Abschaffung der Beiladung sind die Interessen dieser Personen nicht mehr zu berücksichtigen. Die einzelnen Streitwerte werden addiert, sofern sie nicht den gleichen Streitgegenstand betreffen.[162]

 

Beispiel:

Die einzelnen Interessen setzen sich wie folgt zusammen:

 
Interesse des E. Igen 150/1000 von 10.000,00 EUR 1.500,00 EUR
Interesse des S. Elf 80/1000 von 10.0000,00 EUR 800,00 EUR
Interesse der übrigen WEG-Eigentümer 770/1000 von 10.000,00 EUR 7.700,00 EUR
  10.000,00 EUR

Das Gesamtinteresse bemisst sich damit am Wert der Maßnahme.[163]

Bei bezifferten Klagen ist für die Bestimmung des Gesamtinteresses § 23 Abs. 1 RVG, § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO anzuwenden und der Nennwert auf den im Klageantrag bezifferten Betrag anzusetzen. Gleiches gilt, wenn die WEG bezifferte Ansprüche eines Miteigentümers zurückweist und der Zurückweisungsbe...

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