1. Räumungsverfahren
Rz. 108
Der Gegenstandswert der Geltendmachung eines Räumungsanspruches nach § 23 Abs. 1 RVG, § 41 Abs. 2 GKG bemisst sich nach der Miete für die streitige Zeit, begrenzt auf ein Jahr.
Die Berechnung der Miete erfolgt hier nach der Grundmiete. Betriebskostenvorauszahlungen, über die nach Vertrag später abzurechnen ist, werden nicht mitgerechnet. Gezahlte Betriebskostenpauschalen sind Bestandteil des Streitwertes.
Die Umsatzsteuer bei Gewerbemietverhältnissen gehört ebenfalls zur Miete i.S.v. § 41 GKG.
Betrifft das Räumungsverfahren nur Teile des Mietgegenstandes, so ist der Streitwert nur auf den auf diesen Teil entfallenden Mietzins zu berechnen.
Rz. 109
Bei einer vereinbarten Staffelmiete ist der höchste Staffelnettomietbetrag im streitigen Zeitraum anzusetzen (siehe auch Rdn 80 ff.).
Rz. 110
Soweit im Vergleich eine Umzugskostenbeihilfe vereinbart ist, bleibt sie streitwertmäßig außer Ansatz.
Rz. 111
Macht eine Mietvertragspartei im Feststellungsverfahren geltend, dass das Mietverhältnis ungekündigt fortbesteht, so richtet sich der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 1 RVG, § 41 Abs. 1 GKG auf den Mietwert bis zur Beendigung des Mietverhältnisses höchstens bis zum Betrag einer Jahresnettomiete. Ein Abschlag wegen des Feststellungsantrages wird nicht vorgenommen. Werden Feststellung und Räumung in einem Prozess widerklagend gegeneinander gestellt, so sind diese Streitwerte ausnahmsweise nicht zu addieren; § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Sie betreffen den gleichen Klagegegenstand und sind wirtschaftlich identisch.
Rz. 112
Die Beschwer für Zuständigkeit und Rechtsmittel hingegen ist nach §§ 8, 9 ZPO zu ermitteln. Für Mietverträge, die auf unbestimmte Zeit geschlossen werden, liegt die Obergrenze beim 3,5-fachen der Jahresnettomiete. Bei befristeten Verträgen gilt die Obergrenze des § 8 ZPO mit dem 25-fachen Jahreswert. Im Fall der Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses ist bei dieser Regelung kein Abschlag für die Feststellungsklage vorzunehmen.
Werden Ansprüche auf Mietzahlungen geltend gemacht und ist deren Zahlung von der Dauer eines Mietvertrages abhängig, so ist der Wert der Zahlungsklage maßgeblich. § 8 ZPO findet dabei keine Anwendung.
2. Bestimmung der streitigen Mietzeit
Rz. 113
Bei Streit über die Mietzeit ist bei unbefristeten Mietverträgen regelmäßig die Jahresmiete anzusetzen. Eine Ausnahme bilden die Fälle, in denen ein Vertragsende vereinbart ist oder ein Streit über die Dauer der Kündigungsfrist bzw. der verbleibenden Vertragslaufzeit besteht. Hier ist die in der konkret streitigen Mietzeit zu zahlende Miete anzusetzen. Ohne Anhaltspunkte zur Mietzeit beginnt die streitige Zeit mit der Rechtshängigkeit des Räumungsantrages und beträgt bei unbefristeten Verträgen ein Jahr.
Ist ein Vertragsende vereinbart, so errechnet sich die streitige Zeit aus der Rechtshängigkeit des Räumungsantrages und dem Ablauf des Vertrages.
Besteht der Streit darüber, ob eine fristlose oder eine fristgemäße Kündigung wirksam geworden ist, so ist ausnahmsweise die Differenz zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist maßgeblich.
Ist die Wirksamkeit der Kündigung an sich streitig, kommt der ordentlichen Kündigungsfrist in der Regel keine Bedeutung zu. Hier ist davon auszugehen, dass die Vertragslaufzeit über die Jahresfrist hinausgeht. Der Streitwert ist damit die Jahresmiete.
Rz. 114
Beispiel
Ein Gewerbemieter erhält am 10.7.2021 eine fristlose Kündigung und erhält am 1.9.2021 die Räumungsklage zugestellt. Im Regelfall wird hier die Jahresnettomiete als Streitwert angesetzt. Eine Verkürzung kann sich aus folgenden Umständen ergeben.
a) |
Der Vertrag sah ein Vertragsende zum 31.12.2021 vor. Hier ist die Zeit zwischen Rechtshängigkeit der Räumungsklage und regulärem Vertragsende die streitige Zeit. Sie beträgt 4 Monate, sodass die Miete dieses Zeitraums zugrunde zu legen ist. |
b) |
Der Mieter widerspricht der außerordentlichen Kündigung, erkennt aber die ordentliche Kündigung an, die zum 31.3.2022 möglich wäre, an. Die streitige Zeit bemisst sich hi... |