Rz. 92
Statt den Vertrag nach § 327m Abs. 1 BGB zu beenden, kann der Verbraucher nach § 327n Abs. 1 BGB (aber nur, wenn er einen Preis zu zahlen hat, wohingegen eine Vertragsbeendigung nach § 327m BGB auch bei Verträgen möglich ist, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt; werden sowohl ein Preis gezahlt als auch entsprechende Daten als Preisäquivalent bereitgestellt, bleibt das Recht zur Minderung, auch den Preis durch empfangsbedürftige Erklärung (§ 130 Abs. 1 BGB) gegenüber dem Unternehmer zu mindern (Wiederherstellung eines Gleichgewichts – Äquivalenz – von Leistung und Gegenleistung).
Minderung und Vertragsbeendigung schließen sich somit aus. Die weiteren Voraussetzungen für eine Vertragsbeendigung nach § 327m Abs. 1 BGB sind hingegen auch Voraussetzung für das Minderungsrecht, nämlich das
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Vorliegen eines mangelhaften digitalen Produkts und das |
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Ausbleiben oder Fehlschlagen der Nacherfüllung. |
Der Ausschlussgrund des § 327m Abs. 2 Satz 1 BGB findet gemäß § 327n Abs. 1 Satz 2 BGB keine Anwendung, womit das Recht zur Minderung – im Gegensatz zur Vertragsbeendigung – auch dann gegeben ist, wenn der Mangel nur "unerheblich" ist. "Bei unerheblichen Mängeln ist (die Minderung) sogar das einzige (verschuldensunabhängige) Abhilferecht, wenn die Nacherfüllung scheitert".
Die Regelung des § 327o Abs. 1 BGB (Geltendmachung der Vertragsbeendigung) ist nach § 327n Abs. 1 Satz 3 BGB auf die Minderung entsprechend anzuwenden.
Rz. 93
Bei der Minderung ist der Preis nach § 327n Abs. 2 Satz 1 BGB in Umsetzung von Art. 14 Abs. 5 Digitale-Inhalte-RL in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zum Zeitpunkt der Bereitstellung (nicht des Vertragsschlusses, vgl. insoweit die Anforderungen nach Art. 14 Abs. 5 Digitale-Inhalte-RL) der Wert des digitalen Produkts in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden hätte (Berechnung der Minderungshöhe – maßgeblich ist die objektive Wertminderung, wobei das dem Vertrag zugrundeliegende Äquivalenzverhältnis von Preis und Leistung erhalten bleibt). Bei Verträgen über die dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts ist der Preis unter entsprechender Anwendung der Regelung nur anteilig für die Dauer der Mangelhaftigkeit herabzusetzen (§ 437n Abs. 2 Satz 2 BGB).
Die Minderung ist nach § 327n Abs. 3 BGB (vergleichbar § 441 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 638 Abs. 3 Satz 2 BGB), soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln (Schätzung der Minderungshöhe).
Rz. 94
Hat der Verbraucher mehr als den geminderten Preis bezahlt, so hat der Unternehmer nach § 327n Abs. 4 Satz 1 BGB in Umsetzung von Art. 18 Abs. 1 Digitale-Inhalte-RL den Mehrbetrag (der über den durch die Minderung ermittelten Kaufpreis hinaus geleisteten Betrag) zu erstatten (eigenständiger Erstattungsanspruch bei Überzahlung). Der Mehrbetrag (d.h. der überschießende Betrag) ist dem Verbraucher gemäß § 327n Abs. 4 Satz 2 BGB (vergleichbar § 651h Abs. 5 BGB) unverzüglich (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) und ohne dass es dabei einer zusätzlichen Aufforderung durch den Verbraucher bedürfte – auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen – durch den Unternehmer zu erstatten. Die Frist beginnt nach § 327n Abs. 4 Satz 3 BGB (in Anlehnung an § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB) mit dem Zugang der Minderungserklärung beim Unternehmer. Für die Erstattung muss der Unternehmer gemäß § 327n Abs. 4 Satz 4 BGB (in Umsetzung von Art. 18 Abs. 2 Digitale-Inhalte-RL) dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat, es sei denn,
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es wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart und |
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dem Verbraucher entstehen durch die Verwendung eines anderen Zahlungsmittels keine Kosten. |
Der Unternehmer kann im Übrigen vom Verbraucher nach § 327n Abs. 4 Satz 5 BGB keinen Ersatz für die Kosten verlangen, die ihm selbst für die Erstattung des Mehrbetrags entstehen, womit der Unternehmer die Rückerstattungskosten selbst (allein) zu tragen hat.
Beachte
Ein Nutzungsersatzanspruch des Unternehmers gegen den Verbraucher ist nach der Digitale-Inhalte-RL ausgeschlossen. Es besteht "auch keine Zahlungspflicht auf Umwegen in Form eines Nutzungsersatzes für die eventuell noch mögliche (Teil-)Nutzung des digitalen Produkts für den Zeitraum, in dem das digitale Produkt vertragswidrig mit einem Mangel behaftet war".
Die Digitale-Inhalte-RL schließt einen Nutzungsersatz aus, womit "ein Verweis auf § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 BGB – anders als in § 441 Abs. 4 BGB – nicht möglich" ist.
Die Minderung unterliegt der relativen Berechnungsmethode mit der Folge, dass der Minderungsbetrag, wenn dies erforderlich sein sollte, durch Schätzung ermittelt werden kann.