Rz. 66
"Während sich die Fortschritte für den Verbraucherschutz, welche die Digitale-Inhalte-RL mit sich bringt, im Übrigen in Grenzen halten dürften und die Bedeutung der Digitale-Inhalte-RL eher in allgemeiner Bewusstseinsbildung und der Schaffung europaweit einheitlicher Kategorien liegen dürfte, haben die Bestimmungen über Aktualisierungen tatsächlich so etwas wie einen Durchbruch für den Verbraucherschutz gebracht". Damit wird absolutes Neuland betreten.
Auch im Kaufrecht besteht bei Waren mit digitalen Elementen nach § 479b Abs. 4 Nr. 2 BGB (nachstehend: § 4 Rdn 89) eine Aktualisierungspflicht.
Der Unternehmer hat nach § 327f Abs. 1 Satz 1 BGB in Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 und 3 Digitale-Inhalte-RL als wesentliche Neuerung der Digitale-Inhalte-RL, "welche für das Entstehen gewährleistungsrechtlicher Sekundärpflichten nicht mehr allein auf den Zeitpunkt des Bereitstellens abstellt, (…) ein Novum im Schuldrecht", sicherzustellen, dass
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dem Verbraucher während des "maßgeblichen Zeitraums" (vgl. § 327f Abs. 1 Satz 3 BGB) – auch bei Verträgen, die sich in einem einmaligen Leistungsaustausch erschöpfen –, Aktualisierungen (Updates), die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts (d.h. der Vertragsmäßigkeit) erforderlich sind (nicht jedoch ein Upgrade, mithin keine darüber hinausgehende Verbesserung), bereitgestellt werden (auch über den Gewährleistungszeitraum hinaus) (1. Alt.) und |
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der Verbraucher über diese Aktualisierungen (d.h. deren Vorliegen) informiert wird (objektive Konformitätskriterien). Hierbei handelt es sich um eine selbstständige Informationspflicht, die neben der Bereitstellung der Aktualisierung besteht (2. Alt.). Der Unternehmer muss den Verbraucher also auch in einem angemessenen Zeitrahmen von der Updatenotwendigkeit und -bereitstellung in Kenntnis setzen, damit der Verbraucher sich darauf rechtzeitig einstellen kann. |
Rz. 67
Der Unternehmer kann auch Dritte (bspw. den Hersteller) in die Erfüllung seiner Pflicht als Erfüllungsgehilfen i.S.v. § 278 BGB einbeziehen, womit sich das Problem einer Drei-Personen-Beziehung zwischen Verbraucher, Unternehmer und Developer ergibt: Den Unternehmer trifft gegenüber dem Verbraucher die Updatepflicht. Zu deren Erfüllung kann der Unternehmer sich eines Dritten als seines Erfüllungsgehilfen bedienen. Sofern der Dritte ein Update nicht rechtzeitig oder nicht vertragsmäßig vornimmt, hat der Unternehmer gegen ihn einen Rückgriffsanspruch, sofern der Dritte nicht vertragsmäßig gehandelt hat und vorhergehendes Glied der Vertragskette ist.
Die Aktualisierungen müssen so gestaltet sein, dass der Verbraucher sie auch selbst vornehmen (installieren) kann.
Zu den erforderlichen Aktualisierungen gehören nach § 327f Abs. 1 Satz 2 BGB insbesondere auch Sicherheitsaktualisierungen (Schutz vor Cyberkriminalität), wobei unionsrechtliche oder mitgliedstaatliche Verpflichtungen zur Bereitstellung von Sicherheitsaktualisierungen nach Erwägungsgrund 47 der Digitale-Inhalte-RL (letzter Satz) unberührt bleiben.
"Auch sonstige Veränderungen im digitalen Umfeld, die sich auf die Funktionalität oder Kompatibilität des digitalen Produkts auswirken, können eine Rolle spielen und Anlass von Updates sein".
Beachte
Die vorgeschriebenen Aktualisierungsverpflichtungen des Unternehmers zählen zu den objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit der Leistung. Eine Abbedingung kommt insoweit nur aufgrund einer besonders qualifizierten Vereinbarung in Betracht (siehe dazu vorstehende Rdn 63).
Rz. 68
Der maßgebliche Zeitraum der Leistungs- und Aktualisierungsverpflichtung, der sogar über den Gewährleistungszeitraum hinausgehen kann, ist gemäß § 327f Abs. 1 Satz 3 BGB (in Anknüpfung an die Differenzierung in § 327e Abs. 1 BGB, siehe dazu vorstehende Rdn 59)
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bei einem Vertrag über die dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts (i.S.v. § 327f Abs. 1 Nr. 1 BGB in Umsetzung von Art. 8 Nr. 2a Digitale-Inhalte-RL, bzw. im Kontext mit Cloud Computing oder Streaming-Diensten) der (gesamte) Bereitstellungszeitraum (Nr. 1), |
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in allen anderen Fällen (d.h. bei einmaliger Bereitstellung oder einer Reihe einzelner [wiederholter] Bereitstellungen i.S.v. § 327f Abs. 1 Nr. 2 BGB in Umsetzung von Art. 8 Nr. 2b Digitale-Inhalte-RL) der Zeitraum (der kürzer [oder auch länger] als die gesetzliche Gewährleistungsfrist sein kann, im Einzelfall über diese aber auch deutlich hinausreichen kann), den der Verbraucher (anhand eines objektiven Maßstabs) aufgrund der Art und des Zwecks des digitalen Produkts und unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann (Nr. 2). "Der maßgebliche Zeitraum sollte (…) mit der zu erwartenden Nutzungsdauer übereinstimmen, die bei auf eine lange Nutzungsdauer hin ausgerichteten digitalen Produkten auch zu Update-Fristen von zehn Jahren oder mehr führen kann". Der Gesetzgeber führt hierzu erläuternd aus: "A... |