Rz. 99
§ 327k BGB differenziert in Bezug auf die Beweislast zwischen einer einmaligen Bereitstellung (oder einer Reihe einzelner Bereitstellungen) digitaler Produkte, die in Abs. 1 eine Regelung erfahren hat, und einer dauerhaften Bereitstellung digitaler Produkte, die in Abs. 2 geregelt ist. § 327k Abs. 3 und 4 BGB regeln Ausnahmen und Beschränkungen der Beweislastumkehr.
aa) Beweislastumkehr bei einmaliger Bereitstellung
Rz. 100
Zeigt sich bei einem digitalen Produkt innerhalb eines Jahres seit seiner Bereitstellung i.S.e.
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einmaligen Bereitstellung oder einer |
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Reihe einzelner Bereitstellungen |
ein von den Anforderungen nach § 327e oder g BGB abweichender Zustand, so wird nach § 327k Abs. 1 BGB in Umsetzung von Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 1 und 3 Digitale-Inhalte-RL vermutet, dass das digitale Produkt bereits "bei Bereitstellung" mangelhaft war.
bb) Beweislastumkehr bei dauerhafter Bereitstellung
Rz. 101
Zeigt sich bei einem dauerhaft bereitgestellten digitalen Produkt während der Dauer der Bereitstellung ein von den Anforderungen nach § 327e oder g BGB abweichender Zustand, so wird nach § 327k Abs. 2 BGB in Umsetzung von Art. 12 Abs. 3 Digitale-Inhalte-RL vermutet, dass das digitale Produkt während der bisherigen Dauer der Bereitstellung mangelhaft war. Damit kann der Zeitraum, in dem die Beweislastumkehr zur Anwendung gelangt – wie bei der Verjährung – wesentlich länger als ein Jahr sein.
cc) Ausnahmen von der Beweislastumkehr
Rz. 102
Die vorstehenden Vermutungen für das Vorliegen einer Vertragswidrigkeit im Zeitpunkt der Geltendmachung der Verbraucherrechte (nach § 327k Abs. 1 BGB für den Fall einer einmaligen Bereitstellung oder einer Reihe einzelner Bereitstellungen) gelten nach § 327k Abs. 3 BGB in Umsetzung von Art. 12 Abs. 4 und 5 Digitale-Inhalte-RL – vorbehaltlich § 327 Abs. 4 BGB (Gegenausnahme) – nicht, wenn
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die digitale Umgebung (i.S.v. § 327e Abs. 4 Satz 3 BGB, womit zur digitalen Umgebung neben der Hard- und Software auch die Netzverbindung zählt) des Verbrauchers mit den technischen Anforderungen des digitalen Produkts zur maßgeblichen Zeit nicht kompatibel war (Nr. 1: Inkompatibilität – in diesem Fall "trägt der Verbraucher in Anwendung der allgemeinen Grundsätze die Beweislast dafür, dass die digitalen Produkte zum maßgeblichen Zeitpunkt mangelfrei waren") oder |
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der Unternehmer nicht feststellen kann, ob die Voraussetzungen der Nr. 1 vorlagen, weil der Verbraucher eine hierfür (nach objektivem Maßstab unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls) notwendige und ihm mögliche Mitwirkungshandlung nicht vornimmt (vernünftigerweise "notwendige" Mitwirkungshandlung, Art. 12 Abs. 5 Satz 1 Digitale-Inhalte-RL) und der Unternehmer zur Feststellung ein technisches Mittel einsetzen wollte, das für den Verbraucher den geringsten Eingriff (sonst ist ihm die Mitwirkung nicht zuzumuten, in Umsetzung von Art. 12 Abs. 5 Satz 2 Digitale-Inhalte-RL – Art. 7 und 8 EuGrCH, Achtung der Kommunikation und des Schutzes personenbezogener Daten des Verbrauchers, Mittel, welche die Privatsphäre des Verbrauchers anhand eines objektiven Maßstabs am wenigsten beeinträchtigen) darstellt (Nr. 2: unterlassene Mitwirkungshandlungen des Verbrauchers bei der Fehlersuche des Unternehmers als Obliegenheitsverletzung des Verbrauchers). Der Verbraucher trägt, wenn er seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nachkommt (im Falle einer Obliegenheitsverletzung) die Beweislast für die Mangelhaftigkeit des digitalen Produkts (so Art. 12 Abs. 5 S... |