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Für den Gestalter stellt sich angesichts der immer fortschreitenden Auslegungsmöglichkeiten, unterstützt durch die Vielfalt der dazu ergangenen Entscheidungen der Gerichte, die Frage, wie der Auslegung, insbesondere der ergänzenden Auslegung entgegengewirkt werden kann.

So sollte zum einen darauf geachtet werden, dass eine genaue Verwendung des juristischen Fachausdrucks erfolgt. Bei der Anordnung eines Vermächtnisses ist daher der Wortlaut "erhält im Wege des Vermächtnisses" zu gebrauchen. Ungenügend, wenn nicht gar fehlerhaft, wäre die einfache Formulierung "erhält". Bei einem Vorausvermächtnis ist darüber hinaus klarzustellen, dass dieses "ohne Anrechnung auf den Erbteil" zugewandt wird. Umgekehrt ist bei der Teilungsanordnung zu formulieren, dass der Erbe den Gegenstand "in Anrechnung auf seinen Erbteil" erhält.

Zum anderen ist darauf zu achten, dass das Testament möglichst lückenlos ist, um der ergänzenden Auslegung keine Angriffsmöglichkeiten zu bieten. So sollte sich der Gestalter immer angewöhnen, für den oder die Bedachten (Erbe, Vermächtnisnehmer etc.) eine Ersatzperson vorzusehen, bzw. wenn dies nicht gewünscht ist, dies ausdrücklich unter Bezugnahme auf die jeweiligen Auslegungsvorschriften auszuschließen.

Letztlich kann es in bestimmten Fällen auch sinnvoll sein, wenn der Erblasser das Motiv für die von ihm gewählte Verfügung von Todes wegen angibt. Gerade wenn der Erblasser nach den Anschauungen aller "billig und gerecht" Denkenden eine ungewöhnliche Erbfolgenregelung trifft, z.B. wenn er seine Kinder als Erben und dann unabhängig vom Vorhandensein von Enkeln einen Dritten zum Nacherben bestimmt, bietet es sich an, dass er sein Motiv für die Zuwendung im Testament niederlegt und erklärt, dass insofern kein Raum für eine andere Auslegung bleibt. Mit der Angabe von Motiven sollte im Übrigen aber sparsam umgegangen werden, weil damit die Gefahr der Irrtumsanfechtung nach § 2078 Abs. 2 BGB erhöht wird.[48]

Gerade auch bei gemeinschaftlichen Testamenten ist im Hinblick auf die Vermutungsregelung des § 2270 Abs. 2 BGB immer zu klären, ob die Verfügungen wechselbezüglich und bindend sind und ob der überlebenden Ehepartner seine Verfügung für den Schlusserbfall abändern darf (vgl. § 19 Rdn 52 ff.).

Letztlich kann einer abweichenden Auslegung auch nur durch eine genaue Willens- und Sachverhaltsermittlung vorgebeugt werden.

[48] Vgl. dazu auch Mayer, DNotZ 1998, 772.

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