Rz. 22

Nach dem Eintritt des Erbfalls können sich die Beteiligten in einem notariellen Auslegungsvertrag untereinander verbindlich festlegen, wie die letztwillige Verfügung des Erblassers auszulegen ist.[49] Ein derartiger Vertrag bindet die Parteien jedoch nur schuldrechtlich.[50] Eine dingliche Wirkung kann nur durch eine entsprechende Erbteilsübertragung nach § 2033 BGB erreicht werden.[51] Der Nachweis des § 35 Abs. 1 GBO kann mit einem Auslegungsvertrag auch dann nicht geführt werden, wenn er in einem gerichtlichen Vergleich enthalten ist.[52] Das Nachlassgericht[53] ist an einen Auslegungsvertrag grundsätzlich nicht gebunden.[54] Die gemeinschaftliche Stellung eines Erbscheinsantrags kann nicht als ein die Parteien bindender Auslegungsvertrag gewertet werden.[55]

 

Rz. 23

Muster 3.1: Auslegungsvertrag

 

Muster 3.1: Auslegungsvertrag

Notarielle Urkundenvorausetzungen

Herr, Erschienen zu 1),

Frau _________________________, Erschienen zu 2)

Frau _________________________, Erschienen zu 3)

Testamentsauslegungsvertrag

I. Sachverhalt

Am _________________________ verstarb die Erblasserin, Frau _________________________. Aus der Ehe mit ihrem bereits im Jahr _________________________ vorverstorbenen Ehemann sind drei Kinder hervorgegangen, die Erschienenen zu 1) bis 3).

Die Erblasserin hatte am _________________________ ein gemeinschaftliches Testament mit ihrem verstorbenen Ehemann errichtet. In diesem Testament setzten sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Erben ein. Zu Schlusserben wurden die Erschienenen zu 1) bis 3) bestimmt. Bezüglich der Auseinandersetzung der Schlusserben wurden mehrere Verfügungen getroffen, die die im Nachlass befindlichen Immobilien betreffen und von denen unklar ist, ob es sich um Vorausvermächtnisse oder Teilungsanordnungen handelt. Der Nachlass setzt sich im Einzelnen wie folgt zusammen:

II. Auslegungsvertrag und vergleichsweise Regelung

Die Beteiligten wollen die Nachlassangelegenheit nach ihrer verstorbenen Mutter vergleichsweise und durch den nachfolgenden erbrechtlichen Auslegungsvertrag regeln. Sie legen einvernehmlich fest,

a) dass es sich bei der Zuwendung unter § _________________________ des Testaments vom _________________________ bezüglich der Immobilie _________________________ Strasse _________________________ eingetragen im Grundbuch von _________________________ um ein Vorausvermächtnis zugunsten des Erschienen zu 1 handelt und diesem die Zuwendung nicht auf seinen Erbteil anzurechnen ist,
b) dass es sich bei der Zuwendung unter § _________________________ des Testaments vom _________________________ bezüglich der Immobilie _________________________ Strasse _________________________ eingetragen im Grundbuch von _________________________ um ein Vorausvermächtnis zugunsten der Erschienenen zu 3 handelt und diese die Zuwendung nicht auf ihren Erbteil anrechnen lassen muss.

III. Auflassung/Abfindungszahlung

Notarielle Schlussvorschriften

[49] BGH FamRZ 1991, 690; BGH NJW 1986, 1812; Palandt/Weidlich, § 2084 Rn 1.
[51] BGH LM § 2033 BGB Nr. 8; RGZ 101, 185,
[53] Vgl. zur Frage der Bindung des Prozessgerichtes Staudinger/Otte, vor § 2064 Rn 119.
[54] OLG München ZErb 2010, 242; a.A. OLG Frankfurt MDR 1990, 36.
[55] OLG Oldenburg ZEV 2010, 635.

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