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Bei der Begründung von postmortal wirkenden Vollmachten gelten die testamentarischen Formvorschriften nicht. Vielmehr gilt der Grundsatz der Formfreiheit der Vollmacht aus § 167 Abs. 2 BGB. Selbst Schriftform ist grundsätzlich nicht erforderlich, aus Nachweisgründen aber in der Praxis unumgänglich. Die notarielle Form ist allerdings erforderlich, wenn der Bevollmächtigte unwiderrufliche Vollmachten zu Grundstücksgeschäften, zur Schenkung oder Bürgschaften erhalten soll.[3]

In der Praxis ist allerdings häufig festzustellen, dass Banken privatschriftliche Vollmachten nicht anerkennen wollen, sondern auf der Vorlage einer notariellen Vollmacht oder einem Erbschein bestehen, um beispielsweise Verfügungen über Bankkonten zuzulassen.[4] Diese Auffassung ist allerdings in der alt vertretenen Absolutheit rechtsirrig.[5] Ein Testamentsvollstrecker, der sich in dieser Situation allein auf die Auskunft einer Bank hin dazu verleiten lässt, einen Erbschein zu beantragen, könnte sich wegen der insoweit entstehenden Kosten möglicherweise schadenersatzpflichtig machen.[6]

 

Praxishinweis

Oftmals hilft im Umgang mit der Bank der Hinweis auf die (zumindest überschlägig berechneten) Kosten eines Erbscheins oder auch Testamentsvollstreckerzeugnisses, um einen Sinneswandel herbeizuführen. Gegebenenfalls kann die Bereitschaft zur Anforderung der Zeugnisse gegen Kostenerstattung erklärt werden.[7]

[3] Vgl. Grüneberg/Ellenberger, § 167 Rn 2.
[4] Begründet wird die Forderung von Seiten der Banken mit den Erfordernissen des "Massengeschäftes", die eine solche Standardisierung erfordern würden. Nach diesseitiger Auffassung steht eine solche Begründung allerdings im Widerspruch zu der erklärten Geschäftspolitik, im Bereich der Nachfolgeplanungen individuelle statt standardisierte "Produkte" anbieten zu wollen.
[5] Siehe BGH, Urt. v. 25.11.1994 – XI ZR 239/93 mit folgenden Leitsätzen: (1) Wird von einer postmortalen Vollmacht Gebrauch gemacht, hat die Bank die ihr erteilten Weisungen grundsätzlich unverzüglich und vorbehaltslos auszuführen, es sei denn, dass der Bevollmächtigte in ersichtlich verdächtiger Weise von der Vollmacht Gebrauch macht; (2) Die Bank ist nicht berechtigt oder verpflichtet, die Zustimmung des Erben abzuwarten oder durch Zuwarten den Widerruf der postmortalen Vollmacht zu ermöglichen. Im Übrigen ist selbst der Nachweis des Erbrechts im deutschen Recht nicht zwingend an die Vorlage eines Erbscheins gebunden, sondern kann auch auf andere Form erfolgen, vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2004 – V ZR 120/04.
[6] Zur vergleichbaren Rechtslage bei einem beratenden Rechtsanwalt: "… der Anwalt (macht) sich eventuell schadenersatzpflichtig (…), wenn er einem Erben, der sich im Besitz einer Kontovollmacht befindet und nur Bankvermögen im Nachlass vorhanden ist, rät, einen Erbschein zu beantragen".
[7] Bereits RG, Urt. v. 1.5.1903 – Rep. III. 4/03, hat das Reichsgericht die Forderungen der Banken als "unerträgliche Belästigung der Erben mit unnützen Kosten" kritisiert.

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