Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 8
In der Rechtspraxis haben sich verschiedene Vollmachtstypen entwickelt, die in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Anwendungsbereich, häufig begründet durch vorformulierte Erklärungen, eingesetzt werden. Die letztendlich erteilten Vollmachten erscheinen jedoch nicht immer in der Reinkultur eines bestimmten Vollmachtstypus, sondern können durchaus die Merkmale verschiedener Typen kombiniert enthalten.
1. Konto- und Bankvollmacht
Rz. 9
Beiden Vollmachtsformen ist gemeinsam, dass sie gegenüber einem Kreditinstitut erteilt werden. Während sich die Kontovollmacht nur auf ein bestimmtes Konto bezieht, erfasst die Bankvollmacht die gesamte Vertretung des Vollmachtgebers im Rahmen der mit dem Kreditinstitut bestehenden Geschäftsverbindung. Welche Form der Vollmacht letztendlich gewählt wird, entscheidet immer der konkrete Anwendungsfall. Regelmäßig werden die von den Kreditinstituten zur Verfügung gestellten Vordrucke verwendet. Häufig sehen diese Vordrucke vor, dass der Bevollmächtigte nicht nur über Gelder aus dem positiven Saldo verfügen darf, sondern bei entsprechender Duldung auch den vereinbarten Kreditrahmen in Anspruch nehmen kann, soweit dies in einem der Kontoverbindungen angemessenen Rahmen bleibt. Nach der Rechtsprechung wird diese Grenze überschritten, wenn mehr als 10 % des vertraglich eingeräumten Dispositionskredits in Anspruch genommen werden. Jenseits dieses Betrages haftet der Kontoinhaber dann nicht mehr für durch den Kontobevollmächtigten verursachte Überziehungen. Vom Umfang her unterscheiden sich Kontovollmacht und Bankvollmacht in der Frage, ob der Bevollmächtigte Konten für den Vollmachtgeber eröffnen oder auflösen darf. Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich nur bei der Bankvollmacht.
2. Vorsorgevollmacht
Rz. 10
Dieser Vollmachtstypus erfasst über den Bankverkehr hinaus alle Lebensbereiche des Bevollmächtigten. Sie wird regelmäßig in Form einer sog. Generalvollmacht erteilt und enthält darüber hinaus Regelungen, wie der Vollmachtgeber vertreten werden möchte, wenn infolge von Krankheit oder anderen Umständen ein Betreuungsfall eintritt, er also nicht mehr geschäftlich selbstständig agieren kann.
Rz. 11
Die Vorsorgevollmacht hat den Ruf, besonders anfällig für Erbschleicherei zu sein. Insbesondere bei älteren Menschen oder Menschen mit Demenz, bei denen der Bevollmächtigte ungeprüft machen kann, "was er will", besteht eine hohe Missbrauchsgefahr. Anders dagegen bei gesetzlichen Betreuern, die vor dem Betreuungsgericht über jeden Cent Rechenschaft ablegen müssen.
Rz. 12
Bezüglich des Widerrufs einer Vorsorgevollmacht sind verschiedene Konstellationen denkbar: Der Vollmachtgeber kann die Vorsorgevollmacht jederzeit frei widerrufen. Allerdings tritt die Vorsorgevollmacht meist dann in Kraft, wenn der Vollmachtgeber aus körperlichen und/oder geistigen Gründen nicht mehr in der Lage ist, sich selbst um seine Angelegenheiten zu kümmern; mithin wird auch der Widerruf einer Vollmacht faktisch unmöglich. Ein Widerrufsausschluss in der Vollmachtsurkunde ist zwar möglich, jedoch jedenfalls bei einer Generalvollmacht grundsätzlich unwirksam. Sofern mehrere Personen – jeweils für sich – gleichrangige Generalvollmachten erhalten, ist keiner befugt, die Vollmacht des anderen zu widerrufen. Dies gilt auch dann, wenn der Vollmachtgeber mangels Geschäftsfähigkeit nicht mehr in der Lage ist, selbst über den Widerruf der Vollmacht zu befinden. Eventuell muss dann ein Vollmachtsüberwachungsbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB bestellt werden.
Rz. 13
Es kann auch ein Betreuer für die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestimmt werden, § 1896 Abs. 3 BGB. Dieser Kontrollbetreuer kann dann auch eine erteilte Vollmacht widerrufen. Voraussetzung für die Bestellung eines Kontrollbetreuers durch einen Dritten ist, dass der Betreute keine Einsichtsfähigkeit mehr besitzt. Der Betreuer kann eine Vorsorgevollmacht nur widerrufen, wenn ihm diese Befugnis als eigenständiger Aufgabenkreis ausdrücklich zugewiesen ist. Der Aufgabenkreis darf einem Betreuer nur dann übertragen werden, wenn das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für den Betroffenen geeignet erscheinen.
Einige grundlegende Änderungen ergeben sich durch das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht ab dem 1.1.2023. Die Vorsorgevollmacht soll als Instrument privater Rechtsfürsorge weiter gefördert werden. Die neue zentrale Regelung für Vorsorgevollmachten und Kontrollbetreuung findet sich dann in § 1820 BGB n.F. Gegenüber dem bisherigen Recht gibt es u.a. die Möglichkeit, Vorsorgevollmachten vorläufig außer Vollzug zu setzen. Hierzu schafft § 1820 Abs. 4 BGB n.F. die Möglichkeit, dass das Betreuungsgericht anordne...