Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
A. Einführung
Rz. 1
Zunächst muss man sich von der Vorstellung lösen, dass es nur eine ideale Form der Gestaltung der Testamentsvollstreckung im Rahmen einer letztwilligen Verfügung geben kann. Zu unterschiedlich sind die familiären, gesellschaftsrechtlichen und vermögensmäßigen Voraussetzungen des individuellen Nachlasses. Insbesondere in einfach gelagerten Fällen macht es oft keinen Sinn, eine aufwändige Testamentsvollstreckung zu installieren, wenn mit einfacheren Gestaltungsmöglichkeiten ein ähnlicher Erfolg erzielt werden kann. Das möglicherweise bestehende Eigeninteresse an der Übernahme von Testamentsvollstreckungen darf nicht dazu verleiten, das Instrumentarium ohne die Prüfung von Alternativen einzusetzen. Eine unnötig angeordnete, insbesondere durch einen Beratungsfehler verursachte Testamentsvollstreckung kann die entsprechende letztwillige Verfügung anfechtbar nach § 2078 BGB machen.
B. Trans- und postmortale Vollmacht
Rz. 2
Eine einfache Gestaltungsalternative stellt die rechtsgeschäftliche Vollmacht dar. Auch mit diesem Hilfsmittel ist es dem Erblasser grundsätzlich möglich, seinem Willen über seinen Tod hinaus durch eine geeignete Person Geltung zu verschaffen.
Unterschieden werden kann zwischen "transmortaler Vollmacht" und "postmortaler Vollmacht im engeren Sinne". Unter einer transmortalen Vollmacht versteht man die Vollmacht, die bereits zu Lebzeiten des Vollmachtgebers ausgeübt werden kann und durch den Tod des Erteilenden nicht erlischt. Als postmortale Vollmacht im engeren Sinne versteht man üblicherweise die Vollmacht, die erst mit dem Tod des Vollmachtgebers zum Handeln ermächtigt.
Postmortale Vollmachten im engeren Sinne sind im Rechtsverkehr regelmäßig praxisuntauglich und daher grundsätzlich nicht empfehlenswert, da zusätzlich zur Legitimationsurkunde Vollmacht auch eine Sterbeurkunde vorgelegt werden muss, die oftmals nicht oder nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung, gerade bei familienfremden Personen, beschafft werden kann.
Als Oberbegriff für beide Formen der Vollmachten wird nachfolgend der Begriff der postmortal wirkenden Vollmacht benutzt.
I. Anwendungsbereich postmortaler Vollmachten
Rz. 3
Von der Testamentsvollstreckung unterscheidet sich die postmortal wirkende Vollmacht sowohl bei der Begründung als auch bei der Beendigung. In beiden Fällen erscheint die postmortal wirkende Vollmacht weniger formal und ist daher für einfacher strukturierte und tendenziell eher unkomplizierte Nachlassauseinandersetzungen prädestiniert.
Auch dem Testamentsvollstrecker kann eine postmortal wirkende Vollmacht erteilt werden. Eine solche Bevollmächtigung erscheint insbesondere immer dann sinnvoll, wenn zu erwarten ist, dass die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses Zeit beanspruchen wird und in diesem Zeitraum der Testamentsvollstrecker bereits im Außenverhältnis – z.B. gegenüber Banken – agieren können soll. Wünscht der Erblasser, dass der Testamentsvollstrecker Schenkungen vornehmen können soll, die über sog. Pflicht- und Anstandsschenkungen hinausgehen, bedarf er schon wegen der restriktiven Regelung des § 2205 S. 2 BGB einer entsprechenden Vollmacht.
II. Formvorschriften
Rz. 4
Bei der Begründung von postmortal wirkenden Vollmachten gelten die testamentarischen Formvorschriften nicht. Vielmehr gilt der Grundsatz der Formfreiheit der Vollmacht aus § 167 Abs. 2 BGB. Selbst Schriftform ist grundsätzlich nicht erforderlich, aus Nachweisgründen aber in der Praxis unumgänglich. Die notarielle Form ist allerdings erforderlich, wenn der Bevollmächtigte unwiderrufliche Vollmachten zu Grundstücksgeschäften, zur Schenkung oder Bürgschaften erhalten soll.
In der Praxis ist allerdings häufig festzustellen, dass Banken privatschriftliche Vollmachten nicht anerkennen wollen, sondern auf der Vorlage einer notariellen Vollmacht oder einem Erbschein bestehen, um beispielsweise Verfügungen über Bankkonten zuzulassen. Diese Auffassung ist allerdings in der alt vertretenen Absolutheit rechtsirrig. Ein Testamentsvollstrecker, der sich in dieser Situation allein auf die Auskunft einer Bank hin dazu verleiten lässt, einen Erbschein zu beantragen, könnte sich wegen der insoweit entstehenden Kosten möglicherweise schadenersatzpflichtig machen.
Praxishinweis
Oftmals hilft im Umgang mit der Bank der Hinweis auf die (zumindest überschlägig berechneten) Kosten eines Erbscheins oder auch Testamentsvollstreckerzeugnisses, um einen Sinneswandel herbeizuführen. Gegebenenfalls kann die Bereitschaft zur Anforderung der Zeugnisse gegen Kostenerstat...