Rz. 80
Definition
Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn der Dieb
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in einen Raum eines Gebäudes einsteigt oder mittels falscher Schlüssel oder anderer nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmter Werkzeuge eindringt, |
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in einem Raum eines Gebäudes ein Behältnis aufbricht oder falsche Schlüssel oder andere nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmte Werkzeuge benutzt, um es zu öffnen, |
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aus der verschlossenen Wohnung Sachen entwendet, nachdem er sich dort eingeschlichen oder verborgen gehalten hatte, |
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in einem Raum eines Gebäudes bei einem Diebstahl angetroffen wird und Gewalt gegen den Versicherungsnehmer anwendet, ihn mit einer Gewalttat mit Gefahr für Leib und Leben bedroht oder die Ausschaltung der Widerstandskraft des Versicherungsnehmers infolge eines Unfalls oder sonstigen unverschuldeten Ereignisses ausnutzt, um sich den Besitz der gestohlenen Sachen zu erhalten, |
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in einem Raum eines Gebäudes ein Behältnis mittels richtiger Schlüssel öffnet, die er – auch außerhalb der Wohnung – durch Einbruchdiebstahl oder Raub an sich gebracht hat bzw. |
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in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er – auch außerhalb der Wohnung – durch Raub oder ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat. |
Rz. 81
Versichert sind danach nur erschwerte Formen des Diebstahls, nicht aber einfacher Diebstahl. Es genügt, dass nur eines der Qualifikationsmerkmale verwirklicht wird. Steht dies fest, bleibt aber offen, in welcher Begehensform der Einbruchdiebstahl erfolgt ist, trifft den Versicherer nach der allgemeinen Verteilung der Beweislast im Regel-Ausnahme-Verhältnis die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Tatbegehung in einer bestimmten Form erfolgt ist, wenn er sich auf einen nur für diese Begehungsform bestehenden Risikoausschluss berufen will.
Beispiel
Werden sowohl an einer verschlossen gewesenen Kellertür als auch im Umkreis eines nur angeklappten Dachfensters Spuren des Diebes festgestellt und lässt sich nicht mit Sicherheit ermitteln, ob der Dieb durch die Kellertür oder das Dachfenster eingedrungen ist, bleibt dem Versicherer die Berufung auf grobfahrlässige Schadensherbeiführung wegen Offenstehenlassens des Dachfensters verwehrt, wenn er nicht beweisen kann, dass die Tat durch Einsteigen über das Dachfenster erfolgt ist.
Rechtsprechungsbeispiele
Das vom Versicherungsnehmer zu beweisende äußere Bild eines Einbruchdiebstahls setzt nicht voraus, dass vorgefundene Spuren "stimmig" in dem Sinne sind, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen. Gelangen unbefugte Dritte durch die unverschlossenen Fahrzeugtüren in das Fahrzeug, liegt kein Einbrechen vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Dritten durch einen Störsender den Verschluss der Fahrzeugtüren verhindern, ohne dass der Versicherungsnehmer dies bemerkt. Einbrechen setzt voraus, dass der Täter Gewalt gegen Gebäudebestandteile ausübt, um sich Zugang zu dem Gebäude zu verschaffen; Gewalt liegt stets vor, wenn die Substanz eines Gebäudeteils verletzt oder ein Werkzeug verwendet wird, um ein dem Zugang zum Gebäude entgegenstehendes Hindernis zu beseitigen. Überwindet ein Dieb durch Einschleichen und Verborgenhalten die zentrale Eingangstür eines Gebäudes, in welchem einzelne, gegenüber der Wohnung nicht abschließbare Räume gewerblich genutzt werden, liegt ein versicherter Einbruchdiebstahl vor.
Die Terminologie der Klausel ist zwar dem StGB entlehnt. Das Wort "Diebstahl" gehört aber nicht nur dem juristischen Sprachgebrauch an, sondern auch dem des täglichen Lebens, der für das versicherungsrechtliche Verständnis maßgebend ist. Deshalb setzt ein Einbruchdiebstahl zwar Rechtswidrigkeit voraus, woran es etwa bei Öffnung der Wohnung durch einen Gerichtsvollzieher fehlt, nicht aber Zueignungsabsicht oder eine der strafrechtlichen Verschuldensformen; Schuld und Schuldfähigkeit spielen keine Rolle. Es genügt, dass der Versicherungsnehmer oder ein Mitversicherter den unmittelbaren Besitz verliert und der Täter die Sache – und sei es auch nur vorübergehend – rechtswidrig in Besitz nimmt, diese also abhanden kommt. Daran fehlt es, wenn die Sachen noch vor Ort zerstört oder beschädigt werden (ggf. Vandalismusschaden).
Rz. 82
Grundsätzlich sind die danach erforderlichen Voraussetzungen von dem den Anspruch stellenden Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen, wobei allerdings an letzteres keine allzu strengen Anforderungen geknüpft werden dürfen. Vielmehr genügt der Versicherungsnehmer der ihn danach treffenden Last in aller Regel mit dem Nachweis eines Sachverhalts, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die in den Versicherungsbedingungen genannte Entwendung zulässt. Bei Fehlen besonderer Umstände genügt also die Feststellung von Beweisanzeichen (Indizien), denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls entnommen werden kann, beispielsweise Spuren von Hebelwerkzeugen an der Eingangstür...