Rz. 207

Bei Einbruchdiebstahl, Vandalismus oder Raub ist nach B § 8 Ziff. 2 a ff VHB 2008/2010 unverzügliche Anzeige gegenüber der zuständigen Polizeidienststelle vorgeschrieben und dieser eine Stehlgutliste zu übergeben. Bei der Pflicht zur Abgabe der Stehlgutliste handelt es sich um eine so genannte Spontanpflicht.[219] Wenn nach telefonischer Schadensmeldung bei dem Versicherer weder in den daraufhin übersandten Anschreiben noch in dem zugehörigen Schadenformular darauf hingewiesen ist, dass die Stehlgutliste auch der Polizei unverzüglich einzureichen sei, schadet eine verspätete Einreichung bei der Polizei nicht.[220]

 

Rz. 208

Die Stehlgutliste ist ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen, die diese individualisierbar machen und damit die Sachfahndung ermöglichen sollen. Sie dient außerdem der Verhinderung der Vertragsgefahr, nämlich des Schutzes des Versicherers vor unberechtigter Inanspruchnahme durch frühzeitige Festlegung des Schadensumfangs. Die damit verbundenen Kosten hat der Versicherungsnehmer als allgemeine Lebenshaltungskosten zu tragen. Ob der Versicherer die Kosten der Hinzuziehung eines Sachverständigen oder Beistands außerhalb des Sachverständigenverfahrens zu erstatten hat, ist noch nicht abschließend entschieden.[221]

 

Rz. 209

 

Bisherige Rechtsprechung (vor BGH v. 17.9.2008 – IV ZR 317/05)

Die Anzeige bei der Polizei sowie das Aufstellen der Stehlgutliste können nachgeholt werden; die Frist für die Erstellung der Stehlgutliste ist nach dem Zeitraum zu bemessen, die der Versicherungsnehmer für deren Aufstellung benötigt; ereignet sich der Einbruchdiebstahl während eines Auslandsurlaubs und unterbricht der Versicherungsnehmer diesen, um erste Angelegenheiten mit Polizei und Versicherung zu regeln, setzt dann aber den Urlaub fort, ist Einreichen der Stehlgutliste mehr als drei Wochen nach der Tat verspätet;[222] Einreichung zwei Monate nach Einbruchdiebstahl ist nicht unverzüglich; wenn zur Erstellung einer umfassenden Stehlgutliste noch eine genaue Sichtung aller Unterlagen erforderlich ist, genügt die vorläufige Vorlage einer provisorischen Sammelliste; beruht die Nichteinreichung auf missverständlicher Beratung, entschuldigt dies gegebenenfalls, nicht aber angeblich krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Vorlage; pauschale Angaben, etwa "Schmuckkassette mit diversen Schmuckstücken", genügt nicht;[223] die entwendeten Gegenstände müssen so genau beschrieben werden, dass sie hinreichend individualisierbar sind;[224] zeitnahe Vorlage der Stehlgutliste bei dem Versicherer genügt nicht, wenn diese bei sehr wertvollen Gegenständen erst nach 3 Wochen der Polizei vorgelegt wird; Kausalitätsgegenbeweis kann in der Regel nicht geführt werden, anders bei Massenware oder wenn Diebesgut der bezeichneten Art im örtlichen und zeitlichen Umfeld nachweisbar nicht aufgetaucht ist; zumindest wenn der Versicherer das Versäumnis der Einreichung einer Stehlgutliste erkennt, hat er auf deren Einreichung hinzuwirken; entgegen der Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG liegt kein vorsätzlicher Verstoß gegen Obliegenheit zur Vorlage der Stehlgutliste vor, wenn der Versicherungsnehmer dem Agenten zwei Wochen nach der Tat eine Schadenliste vorgelegt hat, aber weder dieser noch die Polizei bei Übergabe des Formulars auf die Notwendigkeit einer vollständigen Stehlgutliste aufmerksam gemacht hat und sich dies auch nicht mit der gebotenen Klarheit aus dem Schadenanzeigeformular des Versicherers ergibt.[225]

[219] LG Köln VersR 2006, 540.
[220] BGH v. 17.9.2008 – IV ZR 317/05, zfs 2008, 692; vgl. auch OLG Karlsruhe VersR 2011, 1560 = zfs 2012, 30.
[221] Vgl. Dietz, § 21 Rn 2.4 und Martin, W IX Rn 11.
[222] LG Köln VersR 2005, 497.
[223] LG Berlin VersR 1993, 1145.
[224] LG Köln VersR 2006, 540.
[225] OLG Düsseldorf VersR 2005, 1727.

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