Rz. 238

 

Definition

Unterversicherung liegt vor, wenn die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert der gesamten versicherten Sachen zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles ist.

Obergrenze der Entschädigung ist die Versicherungssumme, erhöht in der Hausratversicherung bei entsprechender Vereinbarung um den Vorsorgebetrag. Nur der Versicherungsnehmer, der die versicherten Gegenstände zu ihrem vollen Wert versichert hat (Vollwertprinzip) erhält im Schadenfalle vollen Ersatz. Die Versicherungssumme muss, weil Versicherungswert in der Hausratversicherung der Wiederbeschaffungspreis ist, dem Neuwert des gesamten versicherten Hausrats entsprechen, damit nicht Unterversicherung eintritt. Um daraus resultierende Probleme auszuschließen, sehen die VHB 2010 die Ermittlung der Versicherungssumme in einer Vertragsalternative ("Quadratmetermodell") nach der Wohnfläche vor; entspricht die Wohnfläche der versicherten Wohnung bei Eintritt des Versicherungsfalls der im Versicherungsschein genannten Wohnfläche und unterschreitet der im Vertrag vereinbarte Betrag pro Quadratmeter Wohnfläche den vom Versicherer für den Unterversicherungsverzicht vorgegebenen Betrag nicht, entfällt der Unterversicherungseinwand (A § 9 Ziff. 3 VHB 2010 "Quadratmetermodell"). Wenn der Versicherungsnehmer insoweit seiner Meinung nach zutreffende Angaben gemacht hat, muss der Versicherer ggf. beweisen, dass die Angaben unzutreffend waren.[251] Bei Festlegung der Versicherungssumme nach anderen Fassungen bedarf es dagegen der Vereinbarung eines gesonderten Unterversicherungsverzichts.

 

Rz. 239

Liegt Unterversicherung vor, wird nach A § 12 Ziff. 5 VHB 2010 Entschädigung nicht etwa bis zur Höhe der Versicherungssumme geleistet, sondern die Entschädigung im Verhältnis der Versicherungssumme zu dem Neuwert des versicherten Hausrats nach der Formel

gekürzt.

 

Berechnungsbeispiel

Der Hausrat ist mit 100.000 EUR versichert. Versicherungssumme und vereinbarter Vorsorgebetrag von 10 % der Versicherungssumme belaufen sich deshalb auf 110.000 EUR. Tatsächlich beträgt der Neuwert des Hausrats, bezogen auf den Schadenzeitpunkt, 155.000 EUR. Durch einen versicherten Rohrbruch entsteht ein Wasserschaden an Hausratsgegenständen im Neuwert von 30.000 EUR. Entschädigt werden wegen Unterversicherung nur

 

Rz. 240

Sind Wertsachen von dem Schaden mitbetroffen, erfolgt die Berechnung der Entschädigung nach A § 13 VHB 2010 in einem mehrstufigen Verfahren. Bei der Ermittlung des Versicherungswerts werden die Wertsachen nur solange mit ihrem tatsächlichen Wert berücksichtigt, wie dieser die allgemeine Entschädigungsgrenze für Wertsachen (A § 13 Ziff. 1 VHB 2010) oder eine gesondert vereinbarte höhere Wertgrenze) nicht übersteigt, ansonsten mit dem maßgebenden Höchstbetrag.

 

Beispiel

Der Hausrat ist mit 100.000 EUR versichert. Versicherungssumme und vereinbarter Vorsorgebetrag von 10 % belaufen sich deshalb auf 110.000 EUR.

 
Der Hausrat besteht aus:  
Bargeld (nicht verschlossen aufbewahrt) 15.000 EUR
Gemälden 50.000 EUR
sonstigem Hausrat 120.000 EUR
Gesamtwert 185.000 EUR
Der Versicherungswert des Hausrats beträgt:  
Wertsachen (20 % aus 110.000 EUR) 22.000 EUR
sonstiger Hausrat 120.000 EUR
Versicherungswert 142.000 EUR

Werden bei einem Einbruchdiebstahl das gesamte Bargeld, die Gemälde und sonstiger Hausrat im Werte von 20.000 EUR entwendet, ergibt sich folgende Entschädigungsberechnung:

1. Stufe: Kürzung der Schadenbeträge wegen Unterversicherung

 
Entschädigung Bargeld 11.619,72 EUR
Entschädigung Gemälde 38.732,39 EUR
Entschädigung sonstiger Hausrat 15.492,96 EUR
(jeweils 77,46 %)  

2. Stufe: Besondere Wertgrenzen

 
Entschädigung Bargeld 2.000,00 EUR
Entschädigung Gemälde 38.732,39 EUR

3. Stufe: Allgemeine Entschädigungsgrenze für Wertsachen

 
Entschädigung für Wertsachen (Bargeld und Gemälde) 22.000,00 EUR
Entschädigt werden somit:  
Schaden an Wertsachen 22.000,00 EUR
Schaden sonstiger Hausrat 15.492,96 EUR
Gesamt: 37.492,96 EUR
 

Rz. 241

Durch Einschluss der Klausel Nr. 7712 in den Versicherungsvertrag kann ein unbegrenzter ­Unterversicherungsverzicht vereinbart werden.

[251] OLG Saarbrücken r+s 2012, 79.

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