1. Zerstörung, Beschädigung, Abhandenkommen

 

Rz. 62

Die klassische Hausratversicherung beinhaltet – anders als etwa bestimmte Transportversicherungen – keine Allgefahrendeckung. Versicherte Schäden in der Hausratversicherung sind nur die Zerstörung, die Beschädigung oder das Abhandenkommen versicherter Sachen durch eine der in den VHB aufgeführten Schadenursachen. Das ist jedoch nicht immer der Fall; seit dem Wegfall der Vorabgenehmigung von AVB durch das BAV 1994 sind Versicherungsprodukte entwickelt worden, die darüber hinausgehen und etwa typische Elemente der Reisegepäckversicherung einschließen ("Rundum-Schutz", "All Risk" u.Ä.).

Der Versicherungsschutz ist in der klassischen Hausratversicherung nicht auf unmittelbare Schäden durch Einwirkung einer der versicherten Gefahren auf den Hausrat beschränkt. Versichert sind, sofern der Versicherungsschutz nicht in Bezug auf eine konkrete Schadenursache eingeschränkt (z.B. A § 2 Ziff. 5 VHB 2010) oder ausgeschlossen (z.B. A § 1 Ziff. 2 VHB 2010) ist, nach allgemeiner Meinung auch Schäden, die adäquate Folge des Eintritts einer derartigen Gefahr sind (Folgeschäden), auch wenn der Wortlaut dies nur in Bezug auf das Abhandenkommen ("infolge eines solchen Ereignisses") ausdrücklich erwähnt. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer, nach dessen Verständnis Versicherungsbedingungen auszulegen sind, wäre eine Differenzierung mangels erkennbarer Gründe nicht nachvollziehbar.

 

Rz. 63

Die Begriffe "Zerstörung" und "Beschädigung" beinhalten nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens eine wertmindernde Veränderung der Sachsubstanz. Abhandengekommen ist eine Sache, wenn der Versicherte deren unmittelbaren Besitz verloren hat und es unwahrscheinlich geworden ist, dass er ihn in absehbarer Zeit zurückerlangt.[80]

Die versicherten Gefahren sind nachfolgend beschrieben.

[80] Martin, B II Rn 9; Dietz, § 3 Rn 2.2.

2. Anprall oder Absturz eines Luftfahrzeugs

 

Rz. 64

Für Schäden durch Anprall oder Absturz eines Luftfahrzeugs, seiner Teile oder seiner Ladung, ist A § 2 Ziff. 1 VHB 2010 konstitutiv. Im Gegensatz zu § 3 VHB 84, wo der Begriff "Flugkörper" gebraucht wurde, wird durch Verwendung des Begriffs "Luftfahrzeug" und den Verzicht auf das Wort "bemannt" die Haftung für derartige Schäden nicht unerheblich erweitert, weil nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz unter Luftfahrzeugen nicht nur Flugzeuge, Helikopter, Luftschiffe, Ballone, Drachen, sondern auch Fallschirme, Flugmodelle, Raumfahrzeuge, Raketen und ähnliche Flugkörper verstanden werden. Abzustellen ist auf den gewöhnlichen Sprachgebrauch; dieser entspricht weitestgehend der genannten Legaldefinition. Deshalb sind Feuerwerksraketen keine unbemannten Flugkörper; sie fliegen ihrer Natur nach nicht in bestimmbaren Flugbahnen und halten sich üblicherweise nur in Sekundenzeiträumen in der Luft auf.[81]

[81] LG Saarbrücken VersR 2005, 1728.

3. Brand, Blitzschlag, Explosion, Implosion (A § 2 VHB 2010)

a) Brand

 

Rz. 65

 

Definition

Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag (A § 2 Ziff. 2 VHB 2010).

Die Definition entspricht vollständig derjenigen in der Feuer- und Gebäudeversicherung (§ 1 Nr. 2 AFB bzw. § 3 Nr. 1 VGB). Sie ist unvollkommen, da der zentrale Begriff "Feuer" nicht näher bestimmt ist. Nach allgemeiner Auffassung versteht man unter Feuer – dem gewöhnlichen Sprachgebrauch folgend – einen Verbrennungsvorgang mit Lichterscheinung, wobei die Lichterscheinung sowohl in einer offenen Flamme als auch einem bloßen Glühen oder Glimmen bestehen kann. Ob die Begriffsbestimmung auf den naturwissenschaftlich-technischen Sprachgebrauch erweitert werden muss, kann für die Hausratversicherung dahinstehen.[82]

 

Rz. 66

Bestimmungsgemäßer Herd eines Feuers ist der Ort bzw. die Einrichtung, die dazu bestimmt ist, Feuer zu erzeugen, zu unterhalten oder einzuhegen. Dies sind zunächst umschlossene Feuerstätten aller Art wie Öfen, Herde und Kamine, aber auch sog. ungeschütztes Feuer; darunter versteht man die Streichholz- bzw. Feuerzeugflamme, Zigarettenglut, eine Kerzen- und eine Gasflamme.

 

Rz. 67

In der ersten Alternative muss das Feuer ohne bestimmungsgemäßen Herd entstanden sein, beispielsweise durch Blitzschlag, Explosion, Kurzschluss oder Selbstentzündung (z.B. überhitzte "Fritteuse"[83]). Hierher gehören aber auch Fälle von Brandstiftung jeglicher Art. An einem bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist das Feuer nämlich nicht bereits dann, wenn der Herd objektiv als Feuerstätte zu dienen bestimmt ist. Sonst wären Schäden nicht versichert, die dadurch entstehen, dass eine dazu nicht berechtigte Person ohne Zutun und Wissen des Versicherungsnehmers oder eines Hausgenossen ein Feuer in einem Herd entzündet. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, der A § 2 Ziff. 1 VHB 2010 liest, sieht zwar ein, dass er keinen Versicherungsschutz genießt, wenn er unsachgemäß in einem Herd Feuer entfacht, würde aber nicht verstehen, dass dies auch gelten soll, wenn ein Unbefugter gegen seinen Willen das Feuer entfacht (§§ 305 ff. BGB, § 9 AGB-Gesetz). Deshalb ist ein Feuer dann in einem bestimmu...

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