1. Entschädigungsberechnung

a) Grundsätzliches

 

Rz. 226

In welcher Höhe der Versicherer bedingungsgemäß nach einem Schadenfall Entschädigung zu leisten hat, ist in A §§ 12 ff. geregelt. Die Höhe der von dem Versicherer zu leistenden Entschädigung ist danach keineswegs immer mit dem Betrag des tatsächlich eingetretenen Schadens identisch. Die Entschädigungsberechnung wird von den Faktoren

Versicherungswert
Versicherungssumme und
Entschädigungsgrenze

bestimmt. Es gilt der Grundsatz der abstrakten Schadenberechnung, d.h. es kommt nicht darauf an, welche Schadenbeseitigungskosten tatsächlich entstanden sind; ersetzt werden vielmehr nur die Kosten, die ein fiktiver Versicherungsnehmer ergriffen hätte, der vom Schaden betroffen, aber nicht versichert gewesen wäre.[241] Bei der Regelung der Entschädigungsgrenzen handelt es sich nicht um eine verhüllte Obliegenheit, sondern um eine Risikobegrenzung.[242]

[241] Dietz, § 18 Rn 2.2.1.
[242] LG Dortmund r+s 2015, 199.

b) Versicherungswert (A § 9 VHB 2010)

 

Rz. 227

Seit den VHB 92 unterscheiden die VHB nicht mehr zwischen dem Zeitwert und dem Wiederbeschaffungswert. Versicherungswert ist stattdessen bei Totalschaden, d.h. Verlust oder völliger Zerstörung eines versicherten Hausratgegenstandes, der Wiederbeschaffungspreis von Sachen gleicher Güte und Beschaffenheit in neuwertigem Zustand (A § 9 Ziff. 1 a VHB 2010). Die Hausratversicherung ist deshalb grundsätzlich Neuwertversicherung. Das bislang in § 55 VVG a.F. verankerte versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot stand dem Prinzip der Neuwertversicherung nicht entgegen; was der Versicherer vertraglich zugesagt hat, muss er halten, es sei denn, aus dem Gesetz ergäben sich Leistungsbeschränkungen.[243] Das VVG kennt die Regelung nicht mehr.

 

Rz. 228

 

Definition

Wiederbeschaffungspreis ist der Einkaufspreis für Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles.

 

Rz. 229

Für Sachen, die dem privaten Lebensbereich angehören, ist der Einkaufspreis für private Endverbraucher maßgebend. Ob Preisänderungen zwischen dem Zeitpunkt des Versicherungsfalles und demjenigen der Wiederbeschaffung außer Betracht bleiben, erscheint zweifelhaft. Dasselbe gilt für ein persönliches Liebhaberinteresse. Die Mehrwertsteuer ist Bestandteil des Wiederbeschaffungspreises. Zu beachten ist aber, dass durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadenersatzrechtlicher Vorschriften § 249 BGB mit Wirkung vom 1.8.2002 an geändert wurde und das gesetzliche Schadenersatzrecht bei Beschädigung einer Sache die Umsatzsteuer nur noch dann mit umfasst, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Dementsprechend wird die Mehrwertsteuer nicht ersetzt, wenn der Versicherungsnehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist, und darüber hinaus nicht, wenn der Versicherungsnehmer Mehrwertsteuer tatsächlich nicht gezahlt hat (A § 12 Ziff. 3 VHB 2010).

Ausnahmen: Bei Arbeitsgeräten und Sachen, die zum Betriebsvermögen des Versicherungsnehmers oder seines Arbeitgebers gehören, tritt an die Stelle des Einkaufspreises für private Endverbraucher derjenige für gewerbliche Einkäufe (ggf. Großhandelspreis); die Mehrwertsteuer wird, sofern Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht, nicht mit erstattet. Bei eingeschränktem Eigentümerinteresse aufgrund Verkaufs der durch ein versichertes Ereignis bei ihm abhanden gekommenen, zerstörten oder beschädigten Sache unter Eigentumsvorbehalt kann sich der zu ersetzende Versicherungswert auf den Betrag des Kaufpreises begrenzen.[244]

 

Rz. 230

Ausgenommen von der Neuwertentschädigung sind Sachen, die im Zeitpunkt des Schadenfalles im Haushalt des Versicherungsnehmers für ihren Zweck nicht mehr zu verwenden waren; bei diesen tritt nach A § 9 Ziff. 1 c VHB 2010 der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis (gemeiner Wert) an die Stelle des Wiederbeschaffungspreises.

 

Rz. 231

Bei Teilschäden werden nach A § 12 Ziff. 1 b VHB 2010 die Reparaturkosten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles zuzüglich einer etwa verbleibenden Wertminderung ersetzt. Zu den Reparaturkosten zählen auch die Kosten für die Feststellung der Reparaturwürdigkeit und -fähigkeit. Ein Wertminderungsausgleich kommt nicht nur bei unvollständiger, d.h. nicht zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes führender Reparatur, in Betracht, sondern auch dann, wenn bei relativ geringfügigen Schäden die Reparatur unverhältnismäßig teuer wäre oder so genannte Schönheitsschäden verbleiben (A § 12 Ziff. 1 b VHB 2010). Bei hochwertigen Gegenständen können im Rahmen der Zumutbarkeit auch Reparaturkosten deutlich oberhalb des Restwertes ersatzfähig sein.[245] Wenn der weitergehende Gebrauch der beschädigten Sache dem Versicherungsnehmer zuzumuten ist, liegt ein Teilschaden mit gegebenenfalls verbleibender Wertminderung vor, bei Unzumutbarkeit, etwa Brandflecken auf einem Maßanzug, ein Totalschaden. Eigenleistungen des Versicherungsnehmers müssen mit ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert berücksichtigt werden, sofern sie dem Versicherungsnehmer nicht entschädigungslos zugemutet werden können.[246]

 

Rz. 232

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