1. Einleitung
Rz. 30
In vielen Versicherungsbedingungen wird in Premiumprodukten zwischenzeitlich auf den Einwand grober Fahrlässigkeit verzichtet. Ausnahmen gibt es allerdings bei Alkohol- und Drogenfahrten sowie bei der grob fahrlässigen Ermöglichung eines Kfz-Diebstahls.
Zitat
z.B. ADAC AutoVersicherung – KomfortVario (Stand 10/2018):
A.5.2.4.2
Was ist nicht versichert?
Kein Versicherungsschutz besteht in den folgenden Fällen:
1. Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die Sie vorsätzlich herbeiführen.
In der ADAC Autoversicherung Komfort Vario werden wir bei einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls die Leistung nicht kürzen.
Es sei denn,
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der Schaden wurde von Ihnen oder einer mitversicherten Person infolge des Genusses von alkoholischen Getränken oder anderer berauschender Mittel herbeigeführt, |
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Sie oder eine mitversicherte Person haben den Diebstahl des versicherten Fahrzeugs oder seiner Teile grob fahrlässig ermöglicht. |
Rz. 31
Die Rechtsprechung befasst sich zwar mit Fällen, in denen diese Klausel nicht Bestandteil des Versicherungsvertrages ist. Überwiegend sind jedoch andere Fälle grob fahrlässigen Verhaltens Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen.
2. Entscheidungen
a) Alkohol – absolute Fahruntüchtigkeit
Rz. 32
BGH
Der Versicherer kann bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung vollständig versagen (hier: Kürzung auf Null bei absoluter Fahruntüchtigkeit). Dazu bedarf es der Abwägung der Umstände des Einzelfalles.
§ 81 Abs. 2VVG steht einer vollständigen Leistungskürzung seitens des Versicherers in Einzelfällen nicht entgegen. Auch die Entstehungsgeschichte von § 81 Abs. 2 VVG belegt nicht, dass ein vollständiger Wegfall der Leistungspflicht in Einzelfällen nicht in Betracht käme. Vielmehr spricht umgekehrt die Gesetzessystematik dafür, dass der Gesetzgeber sich der Problematik bewusst war.
Rz. 33
BGH
Der Versicherer kann bei grob fahrlässiger Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung vollständig versagen (hier: Kürzung auf Null bei absoluter Fahruntüchtigkeit). Dazu bedarf es der Abwägung der Umstände des Einzelfalls. Fehlende Transparenz im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB der Klauseln in den AKB zu Obliegenheitsverletzungen liegt nicht vor. Dieser Bestimmung, die sich im Kern lediglich dem Gesetzeswortlaut anschließt, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass eine Leistungskürzung auf Null in Fällen grober Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen ist.
Rz. 34
KG
Wer ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss von mind. 1,98 ‰ führt und dabei mit einem Verkehrszeichen und einem Gebäude kollidiert, handelt grundsätzlich grob fahrlässig gem. § 81 Abs. 2 VVG. Die Leistungskürzung auf Null durch den Kaskoversicherer ist gerechtfertigt, wenn keine hinreichend entlastenden Umstände feststellbar sind. Der Nachweis eines die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustandes krankhafter Störung der Geistestätigkeit bei Fahrtantritt gem. § 827 S. 1 BGB obliegt dem Versicherungsnehmer. Behauptet er, sich die Kopfverletzungen (Platzwunde und Galeahämatom) nicht bei dem Unfall, sondern bereits vor Fahrtantritt durch einen Sturz auf den Boden oder einen Stein zugezogen zu haben, ohne hierfür Zeugen zu benennen, reicht es für den für eine Parteivernehmung gem. § 448 ZPO erforderlichen "Anbeweis" nicht aus, wenn ein forensisch-psychiatrischer Gutachter die spätere Schilderung des Versicherungsnehmers für möglich und plausibel hält mit der möglichen Folge, dass er in einen "geordneten anamnestischen Dämmerungszustand" verfallen sei. Es liegen unter diesen Umständen auch keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens vor.
Rz. 35
KG
Der Senat hält es mit der Intention des Gesetzes, das Maß der Kürzung an die Schwere des Verschuldens zu knüpfen, für nicht vereinbar, pauschal ab einer BAK von 1,1 ‰ die Leistung vollständig zu kürzen. Es sind vielmehr auch ab 1,1 ‰ alle objektiven und subjektiven Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen und zu gewichten. Bei einer BAK von 1,05 ‰ kann deshalb eine Kürzung der Entschädigungsquote auf 20 % angebracht sein.
Rz. 36
OLG Dresden
Hat der Versicherungsnehmer bei einem Unfallereignis eine BAK von mehr als 2 ‰, liegt ein besonderer Ausnahmefall vor, der eine Kürzung der Versicherungsleistung in der Kaskoversicherung "auf Null" rechtfertigt (amtl. LS.).
Rz. 37
OLG Dresden
Die Kürzung der Versicherungsleistung um 100 % kann berechtigt sein, wenn der Versicherungsnehmer einer Kfz-Vollkaskoversicherung das versicherte Kraftfahrzeug grob fahrlässig im Zustand der durch Alkoholgenuss herbeigeführten absoluten Fahruntüchtigkeit beschädigt hat. Der Senat ist der Auffassung, dass beim Führen eines Kfz i...