Rz. 108

Das eigentliche Problem in der heutigen Betrachtung findet sich allerdings in den Überleitungsvorschriften. Eine Generalamnestie ist nicht beabsichtigt. Im bisherigen Verkehrszentralregister finden sich aktuell etwa 47 Millionen Punkte von gut 9 Millionen Bürgern, die überführt werden müssen. Das soll nach dem Willen des Gesetzgebers wie folgt geschehen:

 
Punktestand am 30.4.2014 überführte Punktezahl im FaER am 1.5.2014 Stufe/Maßnahme
1–3 1 Vormerkung
4–5 2 Vormerkung
6–7 3 Vormerkung
8–10 4 Ermahnung
11–13 5 Ermahnung
14–15 6 Verwarnung
16–17 7 Verwarnung
18 oder mehr 8 Entziehung
 

Rz. 109

§65 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 StVG bestimmt, dass Entscheidungen, die bisher im Verkehrszentralregister gespeichert worden sind und nach §28 Abs. 3 StVG in der ab dem 1.5.2014 anwendbaren Fassung nicht mehr zu speichern wären, am 1.5.2014 gelöscht werden. Entscheidungen, die nicht von Nr. 1 erfasst sind, werden nach §65 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 StVG bis zum Ablauf des 30.4.2019 nach den Bestimmungen des §29 StVG in der bis zum Ablauf des 30.4.2014 anwendbaren Fassung getilgt und gelöscht.

§65 Abs. 3 Nr. 4 StVG legt schließlich fest, in welcher Weise ein bisher im Verkehrszentralregister gespeicherter Punktestand in das Fahreignungs-Bewertungssystem neuen Rechts einzuordnen ist. Gemäß §65 Abs. 3 Nr. 3 S. 1 StVG sind auf Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30.4.2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden und erst ab dem 1.5.2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, dieses Gesetz und die aufgrund des §6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.s erlassenen Rechtsverordnungen in der ab dem 1.5.2014 geltenden Fassung anzuwenden.

Vereinfacht dargestellt sieht das dann so aus:

Alt-Eintragungen werden in das neue System überführt, wobei niemand schlechter oder besser gestellt werden soll.
Die jeweils erreichte Maßnahmenstufe wird in das neue Fahreignungs-Bewertungssystem übernommen.
 

Rz. 110

Dass der Gesetzgeber ursprünglich ganz anderes im Sinn hatte, lässt sich an dieser – alten – Überführungstabelle ersehen. Innerhalb weniger Wochen wurde so das gesamte Vorhaben nachhaltig geändert:

 
Punkte alt Punkte neu
1–3 1 Vormerkung
4–7 2
8–9 3 Ermahnung
10–11 4
12–13 5
14–15 6 Verwarnung
16–17 7
18 und mehr 8 Entzug
 

Rz. 111

(Alte) Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30.4.2014 im Verkehrszentralregister gespeichert worden sind, werden bis zum Ablauf des 30.4.2019 nach den bislang geltenden Regelungen getilgt und gelöscht. Die Ausnahme bildet dabei die Tilgungshemmungsvorschrift alter Fassung, weil Entscheidungen, die erst nach dem 1.5.2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, keine Tilgungshemmung auslösen.

 

Rz. 112

Entscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten nach §24a S. 1 StVG erfahren die Löschung mit der Maßgabe, dass sie spätestens fünf Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung getilgt werden. Ab dem 1.5.2019 gilt für die Berechnung der Tilgungsfrist §29 Abs. 1 bis 5 StVG neue Fassung insoweit, als die nach Satz 1 bisher abgelaufene Tilgungsfrist angerechnet wird. Für die Löschung ist §29 Abs. 6 StVG in der neuen Fassung anzuwenden.[85]

Trotz der vermeintlich klaren Übergangsregelungen sind in der Anwendungspraxis schnell Probleme aufgetreten.

Bei einer vor der Rechtsänderung zum 1.5.2014 begangenen und rechtskräftig gewordenen, aber erst danach im Fahreignungsregister eingetragenen Zuwiderhandlung erfolgt die Berechnung des Punktestands am Tattag durch Umrechnung des nach altem Recht bestehenden Punktestands nach der Tabelle des §65 Abs. 3 Nr. 4 StVG und Addition der nach neuem Recht neu hinzukommenden Punkte.[86] Damit ist deutlich, dass Punkte nach altem Recht, die für die Ordnungswidrigkeit vor dem 30.4.2014 angefallen wären, isoliert mit Hilfe der Tabelle in §65 Abs. 3 Nr. 4 StVG umgerechnet und dann addiert werden müssen, nicht möglich sind.

[85] Deshalb nimmt Kalus in seiner Prüffolge bei der Berechnung der Punkte eben diesen Unterpunkt auch mit auf: Kalus, Informationssystem mit Zufallsgenerator, VD 2015, 199 ff., 208.
[86] Klar insoweit zuletzt VGH Bayern, Urt. v. 15.4.2015 – 11 BV 15.134; VGH BW, Beschl. v. 2.9.2014 – 10 S 1302/14; und Beschl. v. 3.6.2014 – 10 S 744/14; OVG Sachsen, Beschl. v. 31.7.2014 – 3 B 152/14.

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