Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 230
Die Verwertung eines Vermögensgegenstandes mit dinglicher Wirkung setzt Verfügungsbefugnis voraus. Sie steht im Grundsatz dem Inhaber des Rechts zu und kann fehlen, weil ein Recht generell unübertragbar ist oder der Begünstigte nicht oder nicht allein verfügungsbefugt ist.
a) Unveräußerbare Rechte
Rz. 231
Die Verfügungsbefugnis kann dem Rechtsinhaber nicht zustehen, weil das Recht unveräußerbar bzw. unübertragbar ist. Typische Beispiele aus der Praxis für fehlende Verfügungsbefugnis an einem Recht sind
b) § 1365 BGB in der Zugewinngemeinschaft oder schützt die Vereinbarung von Gütertrennung?
Rz. 232
Über das Alleineigentum oder Miteigentum des anderen Ehegatten/Lebenspartners kann man nicht rechtlich verfügen. Das ist einer der Gründe für Gütertrennung. In der Zugewinngemeinschaft – die Gütertrennung mit Ausgleich des hinzugewonnenen Vermögens am Ende der Ehe ist – gehört zu den typischen zivilrechtlichen Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten über die Vermögen, § 1365 BGB. Danach kann sich ein Ehegatte im Güterstand der Zugewinngemeinschaft nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen als Ganzes zu verfügen.
Rz. 233
Im Sozialhilferecht ist die Gütertrennung bei Hilfebedürftigkeit des anderen Ehegatten ohne Auswirkung, solange die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben. Auch der Einwand in der Zugewinngemeinschaft, dass eine Auseinandersetzung des Miteigentumsanteils an einer Immobilie, der das Vermögen als Ganzes darstelle, durch Teilungsversteigerung nicht vor Rechtskraft der Scheidung möglich sei, verfängt nicht, weil die Regeln des Güterrechtes an dieser Stelle durch die Regeln der Einsatzgemeinschaft verdrängt werden:
Zitat
"Das normative Konzept des § 19 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 1 SGB XII lässt einen solchen Einwand nicht zu. Die bezeichneten Normen bestimmen vielmehr ausdrücklich, dass auch das alleinige Vermögen des Ehepartners bei der Gewährung von Sozialhilfe zu berücksichtigen ist, sodass sogar die Konstellation erfasst wird, in der von vornherein eine Verfügungsbefugnis des um Sozialhilfe Nachsuchenden fehlt; diesem Konzept würde es zuwiderlaufen, wenn der um Sozialhilfe Nachsuchende einwenden könnte, über das Vermögen überhaupt nicht verfügen zu können. Folgerichtig muss es für eine rechtliche Verfügbarkeit im Sinne des SGB XII genügen, wenn bzw. dass beide Eheleute gemeinsam über einen Vermögensgegenstand oder das gesamte Vermögen verfügen können. Der Gesetzgeber geht mithin typisierend davon aus, dass im Rahmen einer Einstandsgemeinschaft nach § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII die Personen einander auch tatsächlich die entsprechenden Unterstützungsleistungen erbringen."
Fazit und Hinweis
Vermögensschutz durch Gütertrennung ist nicht möglich, solange Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben.
Die Ehegatten leben aber erst dann getrennt, wenn die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen ihnen nicht nur vorübergehend aufgehoben ist und sich aus den ihre Beziehung zueinander kennzeichnenden Gesamtumständen ergibt, dass mindestens einer von ihnen den Willen hat, sich vom anderen Ehegatten unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft auf Dauer zu trennen. Die Heimaufnahme eines Ehegatten stellt keinen Fall der Trennung der Ehegatten dar, weil es keinen Automatismus zwischen Heimaufnahme und dauerndem Getrenntleben gibt. Eine natürliche, aus dem regelmäßigen Lauf der Dinge sich ergebende Trennung – so schon RGZ 53, 337 –, die in den äußeren Lebensbedingungen der Ehegatten ihren Grund hat, ist im Gegensatz zu dem Fernbleiben des Ehegatten aus der Ehewohnung außerhalb des natürlichen Laufs der Dinge noch keine Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, auch wenn sie infolge äußeren Zwangs stattfindet.
Wenn innerhalb der Einsatzgemeinschaft der Ehegatte, dem der Einsatz seiner Mittel zugunsten des Leistungsbedürftigen an sich zuzumuten ist, zum Einsatz von Einkommen oder Vermögen nicht bereit ist, liegt für diesen eine "Notlage" vor, in der die Bewilligung von (erweiterter bzw.) "unechter" Sozialhilfe gegen einen Aufwendungsersatzanspruch nicht ermessensfehlerhaft ist. Der Leistungsberechtigte muss gegen den versagenden Verwaltungsakt Widerspruch unter Hinweis auf die Verweigerungshaltung des nicht getrennt lebenden Ehegatten/Lebenspartners einlegen. Der sich verweigernde Ehegatte hat kein Widerspruchsrecht. Seine Betroffenheit wird als Rechtsreflex gewertet, nicht aber als Verletzung eigener Rechte. Durch die Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners bei der Bemessung des Leistungsanspruchs gegenüber dem Sozialhilfeträger werde nur "in gewisser Weise die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit eingeschränkt".
Gegen den sich verweigernden Ehegatten kann das Sozialamt im Wege des Aufwendungsersatzes nach § 19 Abs. 5 SGB XII vorgehen. Das LSG Saarbrücken sieht auch "Sozialhilfe"-Regress nach § 103 SGB XII als möglich an.