Rz. 641

Die sozialhilferechtliche Erbenhaftung spielt eine weitere Rolle, wenn im Rahmen des Behinderten-/Bedürftigentestaments die Anordnung von Vorvermächtnis und Nachvermächtnis gewählt wird.

Die Vermächtnislösung gilt wegen der sozialhilferechtlichen Erbenhaftung als nicht gesicherte Lösung.[1059] In der Literatur wird über die Eignung der Lösung heftig gestritten (siehe dazu nachfolgend beim Behindertentestament in § 11). Die Probleme dieser Lösung sind seit 1.1.2020 aber weitestgehend erledigt. Seit 1.1.2020 ist die von behinderten Menschen regelhaft bezogene Eingliederungshilfe im SGB IX geregelt. Das SGB IX kennt keine Erbenhaftung. Die Existenzsicherung erfolgt im SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Grundsicherung, die vorrangig vor der Hilfe zum Lebensunterhalt ist. Somit wird ein behinderter Mensch, der Grundsicherung und Eingliederungshilfe bezieht, kein Problem mehr mit der sozialhilferechtlichen Erbenhaftung haben. Der vorstehend erörterte Contergan-Fall würde daher so nicht mehr entschieden werden können.

[1059] Ruby/Schindler, Das Behindertentestament, § 2 Rn 61; Krauß, Vermögensnachfolge, Kapitel 13, Rn 6489.

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