Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 72
Mittel, die der Hilfesuchende in der Bedarfszeit/der Zeit des Antragszeitraums erhält, sind grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen.
aa) Monatszeitraum
Rz. 73
Was die Bedarfszeit ist, ist gesetzlich nicht definiert, meint aber die Zeitspanne, in der der Bedarf besteht und zu decken ist, nicht aber den Bewilligungszeitraum. Das BVerwG hat sich im Sozialhilferecht für den Monatszeitraum ausgesprochen, aber offengelassen, ob nicht auch etwas anderes gelten könne. Heute wird § 27a Abs. 2 SGB XII als gesetzlicher Anhaltspunkt für das Monatsprinzip im SGB XII gesehen. Als Bedarfszeit ist grundsätzlich auf den jeweiligen Kalendermonat und nicht auf einen im Beginn variablen Zeitraum von 30 Tagen abzustellen.
Rz. 74
Die Konsequenz dieser Zuordnung ist, dass dann ein Zufluss auch nur für einen Monat Einkommen ist. Er verwandelt sich nach der Rechtsprechung des BVerwG mit dem Ablauf des Monats im nächsten Bedarfszeitraum zu Vermögen. Diese Metamorphose von Einkommen zu Vermögen im SGB XII stammt für einmalige Einkünfte – im Lichte des Verteilzeitraumes – aus der Rechtsprechung des BVerwG zu den Verteilregeln in § 3 Abs. 3 DVO a.F. zu § 82 SGB XII.
Die grundsätzliche Umwandlung von Einkommen in Vermögen nach einem Monat gilt aber nicht absolut und nicht übergesetzlich, sondern nur, soweit nicht etwas anderes normativ geregelt ist.
bb) Einmalige Zuflüsse und der Sechs-Monats-Verteilzeitraum
Rz. 75
"Normativ" ist etwas anders in § 82 Abs. 7 SGB XII geregelt. Danach werden einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach § 82 Abs. 7 S. 2 SGB XII angemessen zu verkürzen. In dieser Zeit ist das Einkommen weiter Einkommen und wird nicht zu Vermögen. Unter § 82 Abs. 7 SGB XII fallen einmalige Zuflüsse im Bedarfszeitraum, wie z.B.:
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Lebensversicherungen |
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Schenkungen |
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Zuflüsse aus Erbschaften, Vermächtnissen und Pflichtteilen. |
Rz. 76
Fraglich ist aber, was mit übriggebliebenem Einkommen am Ende des Verteilzeitraums passiert. Mutiert es dann automatisch zu Vermögen mit der Chance dort Schontatbestände auszuloten? Wird die Bedürftigkeit dann nach den Einsatz- und Verwertungsregeln des Vermögens bestimmt? Oder bleibt es beim Rechtscharakter des Einkommens? Das ist ungeklärt.
Für das SGB II hatte das BSG entschieden, dass die rechtliche Wirkung des Zuflussprinzips nicht im Monat des Zuflusses ende. Sie erstrecke sich auf den sog. "Verteilzeitraum". Der Verteilzeitraum beginne grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Zuflusses der einmaligen Einnahme und erfasse zunächst den gesamten Bewilligungszeitraum und ggf. die Zeit darüber hinaus. Er endet nicht durch eine neue Antragstellung. Ein Zufluss sei zur Deckung des Hilfebedarfs grundsätzlich bis zu seinem Verbrauch aufzuteilen. Die erneute Antragstellung allein ändere den "Aggregatzustand“ der Einnahme nicht. Sie "mutiere" durch erneute Antragstellung nicht gleichsam zu Vermögen. Nur wenn die Hilfebedürftigkeit ohne Berücksichtigung der zu verteilenden einmaligen Einnahme und ohne sonstige, nicht nachhaltige Zuwendungen Dritter überwunden werde, lägen bei erneutem Eintritt der Hilfebedürftigkeit geänderte Verhältnisse vor. Bei einer die Beendigung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat bewirkenden Änderung sei es nicht mehr gerechtfertigt, die zuvor berücksichtigte einmalige Einnahme nach erneuter Antragstellung weiterhin als Einkommen leistungsmindernd anzusetzen. Es handelt sich um einen Zufluss vor der erneuten – vergleichbar der ersten – Antragstellung und dem "Wiedereintritt" von Hilfebedürftigkeit. Der Zufluss wäre daher ab diesem Zeitpunkt als Vermögen zu berücksichtigen."
Hinweis
Wenn im Erbfall zwischen dessen Eintritt und dem Zufluss der Mittel die Hilfebedürftigkeit aufgrund autark erworbener eigener und nicht durch einen Dritten ...