Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 472
Durch die Überleitung wird bewirkt, dass ein Anspruch, den der Leistungsbezieher gegen einen Dritten hat, der nicht Sozialleistungsträger ist, auf den Sozialhilfeträger übergeht und der Gläubiger ausgewechselt wird. Der Anspruch ändert sich seinem Wesen nach aber nicht. Es ist in der Gerichtsbarkeit geltend zu machen, der er grundsätzlich zugewiesen ist.
Rz. 473
Für die Zeit nach Übergang des Anspruchs gelten §§ 412, 399–404, 406–410 BGB. Die für den gesetzlichen Forderungsübergang in § 412 BGB vorgesehene entsprechende Anwendung dieser Vorschriften gilt auch für den Forderungsübergang durch Hoheitsakt.
Der Sozialhilfeträger tritt durch die Überleitung an die Stelle des ursprünglich Berechtigten. Leistet der Verpflichtete dann an den bisherigen Berechtigten, so leistet er nur dann mit Erfüllungswirkung, wenn er von dem Übergang des Anspruches keine Kenntnis hatte (§ 407 BGB).
Rz. 474
Bei schon bestehenden Ansprüchen wirkt die Überleitungsanzeige ab dem Zeitpunkt des Beginns der Leistungsgewährung. Es ist also möglich, eine Überleitung für eine in der Vergangenheit erbrachte Sozialhilfeleistung vorzunehmen, wenn bereits im Zeitpunkt der Leistung ein Anspruch gegen einen Dritten bestand und dieser noch nicht erfüllt ist.
Mit dem Übergang des Anspruchs gehen nach §§ 412, 401, 402 BGB auch die Nebenrechte über. Von der Überleitung sind auch Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche erfasst, z.B. der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 BGB.
Rz. 475
Für die Wirkung der Überleitung muss unterschieden werden, worauf sich die Überleitung richtet. Das können wie bei einer Leibrente regelmäßig wiederkehrenden gleichmäßigen Leistungen von Geld oder anderen vertretbaren Sachen sein (§ 759 BGB). Hier wird unterschieden zwischen dem Stammrecht und den daraus resultierenden regelmäßig wiederkehrenden Leistungen. Durch die Überleitung geht ein bestehendes Stammrecht nicht mit über. Es werden lediglich die einzelnen Leistungsrechte von der Überleitung erfasst. Der Leistungsberechtigte ist weiterhin zur Ausübung sämtlicher Gestaltungsrechte berechtigt. Bei der Leiberente gehört dazu auch die Befugnis, ein vertraglich vorgesehenes Erhöhungsverlangen zu stellen.
Bedeutsam ist das auch im Hinblick auf das Recht zur Ausschlagung einer Erbschaft. Da die Ausschlagung ein Gestaltungsrecht ist, kann der Leistungsberechtigte trotz Überleitung eines Einzelanspruchs das Stammrecht zum Erlöschen bringen.
Rz. 476
Da der Anspruchsübergang nach den sozialrechtlichen Regeln nur in Höhe der geleisteten Aufwendungen wirkt, verbleibt der übersteigende Betrag dem bisherigen Berechtigten als sog. Restanspruch.
Künftige Ansprüche können unter der Bedingung zukünftiger Leistung grundsätzlich übergeleitet werden. Die Überleitung richtet sich dann auf Erfüllung des übergeleiteten Anspruchs unter der aufschiebenden Bedingung, dass Sozialhilfeleistungen weitergewährt und nicht für mehr als zwei Monate unterbrochen werden.
Rz. 477
Der Schuldner des übergeleiteten Anspruchs bleibt befugt, den Unterhalt weiterhin unmittelbar an den Hilfeempfänger zu leisten und damit ein Eingreifen der Sozialhilfe überflüssig zu machen.
Wenn es dagegen um Verfügungen über den Anspruch geht, z.B. im Zusammenhang mit einem Vergleich, muss der Leistungsverpflichtete beachten, dass analog § 161 Abs. 1 S. 1 BGB der ehemals Berechtigte im Rahmen des Übergangs seines Anspruches nicht mehr über den Anspruch verfügen kann. Die Verfügung ist mangels Rechtsinhaberschaft unwirksam. Entsprechend verliert der ehemals Berechtigte seine Aktivlegitimation zur Geltendmachung des Anspruches im Prozess – immer begrenzt auf die tatsächlich erbrachten Aufwendungen.
Rz. 478
Von den Stammrechten und den daraus wiederkehrenden Leistungen sind diejenigen Ansprüche zu unterscheiden, die nur einmalig anfallen und übergeleitet werden. Dazu gehören Pflichtteilsansprüche, Schenkungsrückforderungsansprüche oder das anteiligen Auseinandersetzungsguthabens bei der zwangsweisen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Das Auseinandersetzungsguthaben ist Folge der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, die bei Immobilien nach § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 753 BGB – also bei Immobilien durch Zwangsversteigerung und Teilung des Erlöses – erfolgt. Ohne den Erbteil kann der Auseinandersetzungsanspruch nicht geltend gemacht werden. Ohne den Auseinandersetzungsanspruch gibt es keinen Anspruch auf die Verteilung des Überschusses nach § 2047 BGB.
Rz. 479
Bei einmaligen Ansprüchen erschöpft sich die Überleitung in der einmaligen Überleitung und dem Verbleib des Anspruches beim Sozialhilfeträgers bis zu dessen Erfüllung.
Speziell für den Schenkungsrückforderungsanspruch des § 528 BGB hat der BGH entschieden, dass er kein "Stammrecht" darstellt, aus dem einzelne abtrennbare Ansprüche fließen, sondern um einen auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Teilwertersatzanspruch, um zu einem einheitlichen Anspruch auf teilweise Herausgabe des Geschenks in Form...