Rz. 44
Wie erwähnt, erweist sich die Definition der Ziele in vielen Fällen als eine Aufgabe, die den Unternehmer vor größere Schwierigkeiten stellt, als erwartet. Dies hat seine Ursache u.a. auch darin, dass das Unternehmen nur einen Teil des gesamten Vermögens des Unternehmers ausmacht, eine Planung der Unternehmensnachfolge ohne gleichzeitige Planung der Vermögensnachfolge insgesamt aber wenig Sinn ergibt. Darüber hinaus spielen neben den unternehmerischen Aspekten, also insbesondere dem Wunsch, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, auch familiär geprägte Ziele, elterliche Gefühle und der Anspruch, die Angehörigen gerecht zu behandeln, eine wesentliche Rolle. Hinzu kommt nicht selten, dass bestimmte Wünsche sinnvollerweise nicht als Ziele definiert werden sollten – ungeachtet der sich hieraus ergebenden emotionalen Belastungen. Bevorzugt beispielsweise der bestens für die Unternehmensnachfolge qualifizierte und vom Unternehmer zum Nachfolger ausersehene Sohn eine Karriere in der Wissenschaft, mag das zwar für den Vater – bei allem Respekt für die Entscheidung des Sohnes – eine herbe Enttäuschung darstellen. Dessen ungeachtet kann in dieser Situation der Wunsch des Vaters, seinen Sohn als Nachfolger im Unternehmen zu sehen, nicht in eine entsprechende Zieldefinition münden.
Rz. 45
Trotz allem stellt die Definition der Ziele in keinem Fall eine unlösbare Aufgabe dar. Denn selbst auf den ersten Blick gegenläufig erscheinende Zielsetzungen müssen einander nicht zwingend ausschließen. Sowohl intelligente Gestaltungsideen als auch die zunehmend reifende Erkenntnis, dass nicht jedes Ziel zu 100 % erreicht werden muss, um das Gestaltungsergebnis für die Beteiligten befriedigend erscheinen zu lassen, können hierbei maßgeblich zum Erfolg beitragen. Hilfreich ist insoweit auch, unterschiedliche Ziele in eine Art Rangfolge einzuordnen und klare Prioritäten zu setzen. Das bedeutet nicht, dass die Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens und der Familienfriede auf unterschiedlichen Stufen stehen müssten. Es hilft aber dabei, wesentliche Ziele von eher unwesentlichen (z.B. bestimmte gegenständliche Zuweisungen im Bereich des Privatvermögens etc.) zu trennen.
Rz. 46
Im Übrigen empfiehlt es sich, bei der Zieldefinition eher abstrakte Formulierungen zu bevorzugen. Es geht in dieser Phase mehr um die strategische Ausrichtung als um die taktische Umsetzung. Gefragt sind Grundsatzentscheidungen, also z.B. diejenige, ob der Unternehmer eine auf EUR und Cent nachrechenbare Gleichbehandlung aller Kinder wünscht oder eine – wie auch immer definierte – gerechte Verteilung seines Vermögens favorisiert. Natürlich ist im Bereich der Zieldefinition auch zu entscheiden, ob eine Nachfolge innerhalb der Familie oder durch Verkauf angestrebt wird, ob der Nachfolger einen wirtschaftlich vollwertigen Kaufpreis bezahlen oder Vorzugskonditionen (in noch zu definierendem Umfang) eingeräumt bekommen soll und ob nur das Eigentum oder auch die operative Verantwortung auf denselben bzw. dieselben Erwerber überzuleiten ist.
Rz. 47
Fragen der genauen prozentualen Aufteilung bestimmter Vermögensgegenstände, der dezidierten Abgrenzung operativer Verantwortlichkeiten, des exakten Betrages eines etwaigen Preisnachlasses oder von Versorgungsleistungen müssen hier noch nicht beantwortet werden. Diesbezüglich sollte man sich im Gegenteil vor zu starren Festlegungen hüten, um der Phantasie bei der Erarbeitung der in Betracht kommenden Handlungsoptionen nicht zu enge Grenzen zu setzen.