Rz. 153

Der Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben (und nicht Partei kraft Amtes).[165] Klagt der Nachlasspfleger z.B. eine Nachlassforderung ein, lautet das Rubrum:

Zitat

Die unbekannten Erben des (...), verstorben am (...), gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger, (...)

 

Rz. 154

Nur ausnahmsweise, wenn der Nachlasspfleger einen Prozess mit einem Erbprätendenten führt, kann er als Nachlasspfleger aus eigenem Recht klagen bzw. verklagt werden. Hierdurch wird ein möglicher Insichprozess vermieden.[166] Wird der Erbprätendent vom Nachlasspfleger auf Herausgabe von Nachlassgegenständen verklagt, ist ein Sicherungsbedürfnis oder -interesse nicht Anspruchsvoraussetzung des Herausgabeanspruchs; ebenso wenig lässt ein Affektionsinteresse den Herausgabeanspruch entfallen.[167] Der Nachlasspfleger ist insofern berechtigt und verpflichtet, den Nachlass zunächst einmal vor sämtlichen Erbprätendenten "in Schutz" zu nehmen. Demgegenüber kann der in Anspruch genommene Erbprätendent sich grundsätzlich nicht auf sein Erbrecht berufen. Sein (mögliches) Erbrecht muss hier hinter das Fürsorgeinteresse vorläufig zurücktreten. Der Sache nach handelt es sich insoweit um eine Art des (materiell-rechtlichen) "vorläufigen Rechtsschutzes".[168] Diese Rechte des Nachlasspflegers sind aber nicht unbegrenzt: Demgemäß hat der BGH bereits zu verstehen gegeben, dass er einen Herausgabeanspruch des Nachlasspflegers nicht annehmen würde, wenn das Erbrecht des in Anspruch genommenen Erbprätendenten dem Nachlasspfleger gegenüber bereits rechtskräftig festgestellt ist. Eine weitere Einschränkung ist erforderlich, wenn der Nachlasspfleger die Herausgabe von Wohnräumen oder Nutzungsentschädigung verlangt, die dem Erbprätendenten überlassen worden sind und die dieser als solche benutzt.[169]

 

Rz. 155

Dabei kann der Nachlasspfleger, der zugleich Rechtsanwalt ist, einen anderen Rechtsanwalt mit dem Klageverfahren beauftragen oder sich selbst zum Prozessbevollmächtigten bestellen. Der Nachlasspfleger kann für Prozesse, die er im Namen der unbekannten Erben führt, Prozesskostenhilfe (für die unbekannten Erben) beantragen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Abzustellen ist dann auf die zum Zeitpunkt der Klageerhebung vorhandene Aktivmasse des Nachlasses.[170] Es kommt mithin auf das Vermögen des Nachlasses, nicht auf das Vermögen der unbekannten Erben an. Ist der Nachlass mittellos, liegen die persönlichen Voraussetzungen zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe vor. Soweit der Nachlasspfleger im Prozess obsiegt, sollte man bedenken, dass der Prozessbevollmächtigte (also auch der anwaltliche Nachlasspfleger im Falle der Eigenmandatierung) nach § 126 Abs. 1 ZPO berechtigt ist, die Kosten gegen den verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben. Dies hat den Vorteil, dass der Gegner gemäß § 126 Abs. 2 ZPO nicht mit anderen Ansprüchen gegen die festgesetzten Kosten aufrechnen kann. Soweit das LG Kleve der Ansicht ist, Prozesskostenhilfe könne wegen Mutwilligkeit nicht bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung des die unbekannten Erben vertretenden Nachlasspflegers nicht geeignet sei, die Überschuldung des Nachlasses zu beseitigen,[171] ist dies abzulehnen. Das Gericht berücksichtigt nicht den Aspekt, dass der Nachlasspfleger für den Nachlass Mittel erstreitet, die die Nachlasspflegervergütung abdecken und so die Inanspruchnahme der Staatskasse für die Vergütung verhindert. Gleiches gilt für die Erlangung ausreichender Mittel zur Durchführung eines Insolvenzverfahrens.

 

Rz. 156

Der Nachlasspfleger, der selbst Rechtsanwalt ist, kann seine Vergütung nach dem RVG gegenüber den unbekannten Erben abrechnen (§ 1835 Abs. 3 BGB). Danach sind Aufwendungen auch solche Dienste, die zu dem Beruf des Nachlasspflegers gehören. Stirbt die anwaltlich vertretene Prozesspartei ohne dass eine Unterbrechung des Verfahrens eintritt, kann der Prozessbevollmächtigte eine Kostenfestsetzung zugunsten der unbekannten Erben erwirken.[172]

 

Rz. 157

Will der Nachlasspfleger ein gerichtliches Mahnverfahren gegen einen Antragsgegner mit Sitz im Inland betreiben, ist streitig, welches Mahngericht zuständig ist. Nach einer Ansicht sind Antragsteller die unbekannten Erben, die keinen Wohnsitz nach § 12 BGB haben, so dass sich der Gerichtsstand nach § 689 Abs. 2 S. 2 ZPO bestimmt (Amtsgericht Berlin-Wedding).[173] Nach anderer Ansicht soll das Mahngericht am allgemeinen Gerichtsstand des Nachlasspflegers zuständig sein, da § 689 Abs. 2 S. 2 ZPO einen Wohnsitz des Antragstellers im Ausland voraussetze.[174] Der Streit kann offen bleiben: Sollte das Mahngericht den Antrag wegen örtlicher Unzuständigkeit nach § 691 ZPO zurückweisen, bleibt immer noch die fristwahrende Klageerhebung nach § 691 Abs. 2 ZPO.

Die Adressen der zentral zuständigen Amtsgerichte sind zu finden unter www.mahngerichte.de.

 

Rz. 158

Bereits vor der Nachlasspflegerbestellung anhängige Prozesse werden mit dem Tod des Erblassers gemäß §§ 246 Abs. 1, 248, 249 ZPO auf Antrag d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?