Bernd Clasen, Dr. Thomas Gleumes
a) Einkommen-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärungen
Rz. 511
Einkommensteuererklärungen für die unbekannten Erben kann der Nachlasspfleger mangels Kenntnis der persönlichen Umstände nicht abgeben. Werden mit Wirtschaftsgütern des Nachlasses Einkünfte erzielt, ist eine steuerliche Zuordnung dieser Einkünfte erst dann möglich, wenn die Gesamtrechtsnachfolger feststehen. Eine einheitliche und gesonderte Feststellungserklärung kommt somit erst dann in Betracht, wenn mindestens zwei Erben als Gesamtrechtsnachfolger vorhanden sind. Die Durchführung der Feststellung ist, nach Ermittlung der Gesamtrechtsnachfolger, im Rahmen der Feststellungsverjährungsfrist durchzuführen. Erzielt der Nachlasspfleger während seiner Tätigkeit z.B. Einkünfte aus der Vermietung von Wohnungen und ermittelt einen Erben erst nach vielen Jahren, können die Einkünfte steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden, soweit bei dem Erben Festsetzungsverjährung (siehe Rdn 558 ff.) eingetreten ist. Ob für den Zeitraum des Bestehens der Nachlasspflegschaft überhaupt eine Einkünfteerzielungsabsicht bestand, bemisst sich am Willen des Nachlasspflegers.
Soweit zum Nachlass ein gewerbliches oder umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen gehört, sind allerdings vom Nachlasspfleger Steuererklärungen abzugeben.
b) Erbschaftsteuer
Rz. 512
Mit Urteil vom 17.12.2014 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts §§ 13a, 13b und 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht hatte insbesondere die Verschonungsregeln für Betriebsvermögen bei großen Vermögen als zu weitgehend betrachtet. Das Erbschaftsteuerrecht sieht eine Verschonung des Betriebsvermögens in Höhe von 85 % vor, wenn innerhalb von fünf Jahren der vierfache Betrag der durchschnittlichen Jahreslöhne gezahlt (400 %) und der Betrieb weitergeführt wurde. Die Verschonung konnte auf 100 % erhöht werden, wenn die Lohnsumme 700 % betrug und der Betrieb sieben Jahre gehalten wurde. Zudem kritisierte das BVerfG die Lohnsummenregelung, die erst bei Unternehmen ab 20 Mitarbeitern greift sowie die vielfältigen Umgehungsmöglichkeiten. Das BVerfG hatte den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 30.6.2016 für eine verfassungskonforme Neuregelung zu sorgen.
Der Bundestag hat am 24.6.2016 mit großer Mehrheit die Anpassung der Erbschaft- und Schenkungsteuer an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts beschlossen. Gegenstand war der Gesetzentwurf der Regierung zur "Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts" (BT-Drucks 18/5923, 18/6279) mit den Änderungen nach der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks. 18/8911).
Der Bundesrat hat in seiner 947. Sitzung am 8.7.2016 jedoch beschlossen, zu dem Gesetz gemäß Art. 77 Abs. 2 GG die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung zu verlangen.
Am 22.9.2016 hat der Vermittlungsausschuss schließlich eine Einigung erzielt, die noch von Bundestag und Bundesrat bestätigt werden muss (Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 22.9.2016 – BT-Drucksache 18/9690). Die Gesetzesänderung soll rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft treten.
Die erarbeiteten höchst komplexen Regelungen sehen weiterhin umfassende Steuerbefreiungen vor. Bei Großvermögen erfolgt jedoch eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung oder alternativ eine Vergünstigung nach einem Verschonungsabschlagmodell. Für Familienunternehmen wurden Sonderregelungen eingeführt.
Die Neufassung wirft verfassungsrechtliche Bedenken auf. Dementsprechend wird die Halbwertszeit des neuen Rechts bereits vor Inkrafttreten als eher gering eingeschätzt.
aa) Mitteilungen an das Finanzamt
Rz. 513
Im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) und in der Erbschaftsteuerdurchführungsverordnung (ErbStDV) sind eine Fülle von Anzeigepflichten festgelegt. Auf diese Weise kann das Finanzamt unter anderem überprüfen, ob die Angaben des Erben, Nachlasspflegers usw. in der Erbschaftsteuererklärung zutreffen.
(1) Mitteilungen des Standesamtes
Rz. 514
Jeder Todesfall ist dem Standesamt anzuzeigen (§ 28 PStG). Das Standesamt muss die Todesfälle listenmäßig demjenigen Finanzamt mitteilen, welches für die Erbschaftsteuer zuständig ist (sog. Totenliste), § 34 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG, § 4 Abs. 1 ErbStDV.
(2) Mitteilungen der Banken, Lebensversicherungen, Aktiengesellschaften
Rz. 515
Banken und Sparkassen sind gewerbsmäßig Vermögensverwalter. Sie haben innerhalb eines Monats ab Kenntnis vom Todesfall dem Finanzamt (Erbschaftsteuerstelle) auf einem Formblatt (Muster 1 zu § 1 ErbStDV) mitzuteilen:
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die Konten mit Kontonummer, |
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den Guthabens- oder Schuldenstand auf diesen Konten, |
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die Wertpapiere im Depot (z.B. in Form eines Depotauszugs) mit dem Kurswert am Todestag (§ 33 Abs. 1 ErbStG). |
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Weiter ist mitzuteilen, ob der Verstorbene ein Schließfach hatte. Geht gemäß den Anordnungen des Erblassers das Guthaben mit dem Tod auf eine bestimmte Person über (Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfal... |