Bernd Clasen, Dr. Thomas Gleumes
Rz. 299
Die Sicherung und Verwaltung von Nachlassimmobilien ist vielschichtig und haftungsträchtig. Im Einzelnen gilt Folgendes:
I. Inbesitznahme
Rz. 300
Im Nachlass aufgefundene Grundstücke hat der Nachlasspfleger unverzüglich nach seiner Bestallung zu besichtigen. Dabei hat er notwendige Sicherungsmaßnahmen in die Wege zu leiten sowie etwaige Nutzungsverhältnisse festzustellen. Der Nachlasspfleger hat dann einen Grundbuchauszug anzufordern, um den Grundbuchbestand mit etwaigen Beschränkungen und Belastungen zu ermitteln (siehe Rdn 250 ff. "Grundbuch"). Häufig sind noch alte Hypotheken oder Grundschulden eingetragen, die schon längst erledigt sind. Dann gilt es, im Nachlass die entsprechenden Löschungsbewilligungen zu finden oder von den Altgläubigern eine weitere anzufordern.
Rz. 301
Ein Verfahrensvermerk über die Nachlasspflegschaft wird nicht im Grundbuch eingetragen. Eine Umschreibung des Grundbuchs auf die "unbekannten Erben" ist in der Regel nicht erforderlich. Sie ist ausnahmsweise zulässig, wenn die Person des Berechtigten nicht feststellbar ist und eine Notwendigkeit für ihre Eintragung sich (unmittelbar oder mittelbar) aus einem Gesetz ergibt (z.B. § 126 Abs. 2 S. 2 mit §§ 128 Abs. 1 S. 1, 130 Abs. 1 S. 1 ZVG, §§ 2162 Abs. 2, 2178 BGB) oder sonst besteht. Trotzdem ist eine Mitteilung an die Grundbuchabteilung des zuständigen Amtsgerichts über das Bestehen der Nachlasspflegschaft sinnvoll, damit bei Vorliegen eventuell unwirksamer Testamente eine Verfügung des Erben in Verbindung mit einem Eröffnungsprotokoll verhindert werden kann.
Rz. 302
Auch die Beiziehung eines Auszuges aus der Liegenschaftskarte (Flurkarte) beim zuständigen Vermessungs- und Katasteramt kann sinnvoll sein, wenn sich die tatsächliche Lage des oder der Grundstücke nicht genau bestimmen lässt. Zudem sind hier genauere Informationen über die Grundstücksnutzung zu entnehmen. Vielfach bietet auch das Internet entsprechende Recherchemöglichkeiten.
II. Verwaltung
1. Verwaltungssituation
Rz. 303
Der Nachlasspfleger hat die Grundstücke zu verwalten. Hierbei kann es sich um ein leer stehendes Haus oder eine Eigentumswohnung des Erblassers handeln, die Kosten produziert (z.B. Grundbesitzabgaben, Versicherungsbeiträge, Beheizung, Kontrollen, Gartenpflege, Streu- und Räumdienste, Treppenhausreinigung, Instandhaltung). Eine Vermietung könnte zwar die laufenden Kosten auffangen, ist aber auch nicht immer ohne Risiko und Kosten (Mietausfall, erhöhter Verschleiß und Reparaturkosten, Verwaltung des Mietverhältnisses). Zudem muss der Nachlasspfleger damit rechnen, dass er bei einem werthaltigen Nachlass in einem überschaubaren Zeitraum die Erben ermitteln kann. Diesen ist dann im Regelfall daran gelegen, die Immobilie zu veräußern. Ist das Objekt aber vermietet, wirkt sich das negativ auf die Verkäuflichkeit aus (es sei denn es handelt sich um ein Anlageobjekt). Da eine befristete Vermietung rechtlich in dieser Situation nach § 575 BGB nicht möglich ist, sprechen regelmäßig die besseren Gründe dafür, den Leerstand zu belassen und ggf. den Verkauf zu erwägen.
Rz. 304
Sofern es sich bei dem Grundstück um ein Mietwohngrundstück handelt, bietet es sich für den Nachlasspfleger an, eine vom Erblasser bereits beauftragte Hausverwaltung fortzuführen. Der Nachlasspfleger sollte dann von dem Verwalter eine Abrechnung sowie den Verwaltervertrag anfordern. Weiterhin hat er die ordnungsgemäße Verwaltung durch die Hausverwaltung zu prüfen, insbesondere, ob Mieterhöhungen fristgemäß durchgeführt und die Betriebskosten abgerechnet wurden.
Rz. 305
Stand das Grundstück lediglich im Miteigentum des Erblassers, sollte der Nachlasspfleger zu den übrigen Miteigentümern Kontakt aufnehmen und zum einen die weitere Verwaltung des Grundstückes zu klären. Weiterhin hat der Nachlasspfleger mit den Miteigentümern die Auseinandersetzung im Wege der freihändigen Veräußerung des Grundstückes und Teilung des Erlöses durchzuführen, sofern die übrigen Miteigentümer hierauf bestehen.
2. Versicherung
Rz. 306
Gehört zum Nachlass eine Immobilie, muss der Nachlasspfleger den bestehenden Versicherungsschutz prüfen und wie ein Zwangsverwalter nach § 9 Abs. 3 ZwVwV für einen ausreichenden Versicherungsschutz sorgen, da im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung das versicherte Interesse fortbesteht.
Rz. 307
Zu den notwendigen Risikoversicherungen zählen die Wohngebäude-, die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht- (siehe Rdn 280) und die Gewässerschadenhaftpflichtversicherung bei einem Öltank.
Rz. 308
Wird in der Immobilie werthaltiger Hausrat für längere Zeit belassen, sollte auch durch eine Hausratversicherung (siehe Rdn 287 ff. "Hausratversicherung") vorgesorgt werden.
Rz. 309
Bestehende Versicherungen sollten bei einem liquiden Nachlass fortgeführt werden, es sei denn, der Beitrag erscheint überhöht, so dass ein günstigeres Angebot...