Rz. 342

Die Beauftragung des Sachverständigen sollte schriftlich erfolgen. Ihm sollte gleichzeitig eine Vollmacht erteilt werden, so dass er Einsicht bei den entsprechenden Ämtern (z.B. Bauamt, Katasteramt, Hausverwaltung etc.) einholen kann. Vorhandene Unterlagen, soweit beim Nachlasspflegeraus dem Nachlass vorhanden (Grundbuchauszüge, Liegenschaftskarten, Grundrisse, Mietverträge etc.) sollte er in Kopie erhalten, um weitere zusätzliche Kosten zu vermeiden.

 

Rz. 343

Der Wertermittlungsstichtag sollte sowohl grundsätzlich auf den Todestag des Erblassers abgestellt sein, als auch – wenn das Gutachten erst viel später zu Verkaufszwecken erstellt werden soll, den aktuellen Verkehrswert ausweisen.

 

Rz. 344

Gleichzeitig mit der Beauftragung sollte sinnvollerweise auch das Honorar des Sachverständigen vereinbart werden. Mit dem Wegfall des § 34 HOAI im August 2009 wurde auch das zwingende Preisrecht für Wertgutachten aufgehoben. Auch eine Übertragung der Grundsätze des JVEG auf Privatgutachter ist ausgeschlossen.[287] Somit sind Honorare für diese Tätigkeiten frei zu vereinbaren.[288]

 

Rz. 345

In der Vergangenheit haben sich zwar private Honorartabellen und Richtlinien gebildet,[289] überwiegend wird aber nach Stundensätzen abgerechnet, da die Bewertungen von Nachlassimmobilien regelmäßig aufwendiger und anspruchsvoller sind als bei der Bewertung eines üblichen Standardfalls. Schließlich kann der verstorbene Alt-Eigentümer in diesen Fällen keine Auskunft mehr geben und der Nachlasspfleger kennt die Immobilie nicht und hat oftmals auch keine, bzw. wenn vorhanden wenige und meist lückenhafte Unterlagen zum Bewertungsobjekt.

 

Rz. 346

Die Höhe des Stundensatzes kann frei vereinbart werden. Dieser sollte bei einem qualifizierten Sachverständigen nicht unter dem eines qualifizierten Nachlasspflegers liegen.

 

Rz. 347

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf ein Ergebnis der im Jahr 2008 durchgeführten Umfrage nach marktüblichen Stundensätzen bei Sachverständigen, die im Auftrag des Bundesjustizministeriums durchgeführt worden ist. Danach beträgt der durchschnittliche Stundensatz im Aufgabenfeld der Immobilienbewertung bei privatwirtschaftlicher Tätigkeit 107 EUR bzw. 108 EUR, was als Anhaltspunkt für eine Honorarvereinbarung dienen kann.[290]

 

Rz. 348

In der Praxis werden bei privat in Auftrag gegebenen Gutachten regelmäßig Vergütungssätze zwischen 100–135 EUR vereinbart. Überwiegend wird seitens der Sachverständigen aufgrund der Konkurrenzfähigkeit bei weitem nicht jede tatsächlich aufgewendete Stunde auch tatsächlich abgerechnet.

 

Rz. 349

Wenn nach Honorartabellen oder nach altem HOAI-Recht Brutto-Honorarvergütungen von 1.300–1.500 EUR vorgegeben wurden, kann unter Beachtung der Nebenkosten wie Bezahlung von Mitarbeitern, Fahrtkosten, Ausdruck von Farbfotos etc. für den Sachverständigen bei einem unterstellten Stundensatz von bspw. 125 EUR gerade mal ein guter halber Tag Arbeitszeit für eine qualifizierte Wertermittlung in der sämtliche individuellen Aspekte für das Bewertungsobjekt ihre Berücksichtigung (exkl. Ortstermin und Vorrecherche) finden, aufgewendet werden. In solch einem Zeitrahmen ist es so gut wie unmöglich ein ausführliches, qualitativ hochwertiges und gerichtsfestes Sachverständigengutachten zu erstellen.

 

Rz. 350

Ein professionell arbeitender Sachverständiger, muss um nicht nur kostendeckend zu arbeiten, einen Vergütungssatz von ca. 125 EUR (abhängig vom Aufbau der Bürostruktur und des Standorts des Sachverständigen) für jede tatsächlich geleistete Stunde in Rechnung stellen können. Daraus ergeben sich allerdings für ein Einfamilienwohnhaus mit durchschnittlichem Reparaturstau regelmäßig Honorarrechnungen von 2.000 EUR netto für ein rund 50-seitiges Verkehrswertgutachten.

[287] BGH v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06, DS 2007, 144 = NJW 2007, 1450 = NZV 2007, 455 m. Anm. Göbel; LG Regensburg v. 12.7.2011 – 2 S 60/11, DS 2011, 335 m. Anm. Wortmann.
[288] Huber, DS 2010, 267 ff.
[289] Vgl. Bischoff, DS 2011, 12, 13.
[290] Bischoff, DS 2011, 12, 13.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?