Michael Brix, Alexander Erbarth
a) Grundlagen
aa) Gesetzliche Regelung
Rz. 732
§ 749 Abs. 1 BGB gewährt jedem Teilhaber einen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft und zwar jederzeit. Der Anspruch unterliegt gemäß § 758 BGB nicht der Verjährung und ist gemäß §§ 749 Abs. 2, Abs. 3, 751 S. 1 BGB nur beschränkt abdingbar, vergleiche auch § 750 BGB.
Der Anspruchsinhalt folgt aus §§ 752–754 BGB; Teilungsmaßstab ist das Verhältnis der Anteile der einzelnen Teilhaber zueinander, bei Ehegatten regelmäßig hälftige Teilung.
bb) Aufhebungshindernisse
(1) Grundlagen
Rz. 733
Das Prinzip der jederzeitigen Aufhebbarkeit der Gemeinschaft erfährt zahlreiche Ausnahmen.
Primär entscheidet über die Voraussetzungen des Aufhebungsanspruchs eine von den Teilhabern getroffene Aufhebungsvereinbarung, sie hat Vorrang vor der gesetzlichen Regelung und zwar auch und insbesondere dann, wenn sie Aufhebungshindernisse beinhaltet. Sodann sind also gegebenenfalls bestehende gesetzliche und rechtsgeschäftliche Aufhebungshindernisse zu berücksichtigen. Erst hiernach greift § 749 Abs. 1 BGB unmittelbar ein.
(2) Gesetzliche Aufhebungshindernisse
Rz. 734
Ein gesetzliches Aufhebungshindernis kann sich aus § 242 BGB ergeben, wenn die Geltendmachung des Teilungsanspruchs gegen Treu und Glauben verstößt. Die Teilung muss für den betroffenen Teil freilich eine unbillige Härte darstellen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn diese Härte über das typische Risiko, des Miteigentums und der damit verbundenen Vorteile verlustig zu gehen, hinausgeht. Es genügt demnach nicht, wenn derjenige, der die Teilung betreibt, seine ihm gegenüber den anderen Teilhabern obliegenden Pflichten gröblich verletzt. Die Aufhebung und die begehrte Teilung muss vielmehr für den Betroffenen in solchem Maße unzumutbar sein, dass die vom Gesetz im Normalfall bejahte Fälligkeit des Teilungsanspruchs ausnahmsweise verneint werden muss. Der typischerweise aus der Veräußerung und Teilung jedes gemeinschaftlichen Gegenstandes resultierende Nachteil genügt also nicht, wohl aber kann eine existenzielle Gefährdung relevant sein.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist unauflöslich, § 11 Abs. 1 WEG. Die Anteilsversteigerung aus wichtigem Grund nach §§ 18 f. WEG ist keine Teilungsversteigerung.
Rz. 735
Gesetzliche Aufhebungshindernisse sind § 922 BGB bei Grenzanlagen und § 2047 Abs. 2 BGB bei sogenannten Familienbriefen. Ein zeitlicher Aufschub kann sich bei der Erbengemeinschaft aus §§ 2043, 2045 BGB ergeben.
Im vorliegenden Zusammenhang besonders bedeutsam sind die §§ 1365, 1369 BGB, nach denen die Aufhebung einer Gemeinschaft, an der ein im gesetzlichen Güterstand lebender Ehegatte beteiligt ist, der Zustimmung des jeweils anderen Ehegatten bedarf.
(3) Rechtsgeschäftliche Aufhebungsverbote
Rz. 736
Rechtsgeschäftliche Aufhebungsausschlüsse, sogenannte Teilungsverbote, können durch lebzeitiges Rechtsgeschäft unter den Teilhabern verabredet werden oder nach § 2044 BGB auf Anordnung eines Erblassers beruhen.
Rz. 737
Praxistipp
Ein Mehrheitsbeschluss der Teilhaber nach § 745 Abs. 1 BGB genügt allerdings nicht. Ein Teilungsverbot kann ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart werden.
Teilungsverbote können gänzlich unterschiedlichen Inhalt haben.
(4) Keine Aufrechnung und kein Zurückbehaltungsrecht wegen gemeinschaftsfremder Gegenforderungen
Rz. 738
Nach der Entscheidung des BGH vom 13.11.2013 darf der Aufhebungsanspruch aus § 749 Abs. 1 BGB nicht durch die Geltendmachung von Gegenrechten, die nicht in der Gemeinschaft wurzeln, beeinträchtigt werden. Solange die Gemeinschaft nicht aufgehoben ist, kann deshalb nicht mit einem Anspruch auf Zugewinnausgleich oder Unterhalt aufgerechnet oder ein darauf gestütztes Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden.
cc) Aufhebung aus wichtigem Grund gemäß § 749 Abs. 2 BGB
Rz. 739
Die Aufhebung kann gemäß § 749 Abs. 2 S. 1 BGB in jedem Falle aus wichtigem Grund erfolgen und zwar insbesondere auch dann, wenn die Aufhebung durch Vereinbarung für immer oder auf Zeit ausgeschlossen worden ist.
Praxistipp
Daraus folgt, dass ein wichtiger Aufhebungsgrund nach § 749 Abs. 2 BGB stärker ist als die rechtsgeschäftliche Bindung durch ein Teilungsverbot, die Vorschrift ist gemäß § 749 Abs. 3 unabdingbar.
Rz. 740
Für die Annahme eines wichtigen Grundes gilt ein strenger Maßstab, da es sich um die ultima ratio handelt. Unzumutbar ist die Fortsetzung nicht schon bei Uneinigkeit, Feindschaft oder gegenseitigen Schikanen, erforderlich ist, dass eine ordnungsgemäße gemeinschaftlichen Nutzung und Verwaltung unter Abwägung aller den Einzelfall prägenden Umstände unmöglich ist und dass der Beteiligte, der die Aufhebung begehrt, den wichtigen Grund nicht allein oder überwiegend herbeigeführt hat.
Rz. 741
Hinweis
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn einem Teilhaber der ihm zustehende Gebrauch des gemeinsamen Gegenstands ...