Michael Brix, Alexander Erbarth
Rz. 43
Beim Oder-Depot dagegen werden die Eheleute nach § 430 BGB zwar Gesamtgläubiger hinsichtlich der Rechte aus dem Verwahrungsvertrag und können gegenüber dem Verwahrer einzeln verfügen, jedoch gilt dies nicht auch für die Berechtigung an den Wertpapieren, da diese allein nach den sachenrechtlichen Vorschriften zu bestimmen ist, die keine Gesamtgläubigerschaft vorsehen.
Ob also ein in ein als Oder-Konto geführtes gemeinschaftliches Sammeldepot eingebrachtes Wertpapier beiden Kontoinhabern gemeinsam als Eigentum zusteht, muss auch hier wieder nach den oben dargestellten Kriterien für den dinglichen Erwerb ermittelt werden.
Zusätzlich kann hier berücksichtigt werden, dass die Einrichtung eines Gemeinschaftsdepots und der sich daraus ergebende mittelbare Mitbesitz der Kontoinhaber im Sinne von § 1006 BGB eine Vermutung für die Begründung von Miteigentum zulässt, und zwar nach der Auslegungsregel des § 742 BGB zu gleichen Teilen. Allerdings soll diese Vermutung nach Auffassung der Rechtsprechung nur sehr schwach sein, weil der Hinterleger nicht der Eigentümer der in Verwahrung gegebenen Wertpapiere sein muss und die Inhaberschaft des Depotkontos damit als solche nichts über die Eigentumslage der verwahrten Wertpapiere besagt. Dennoch wird man diese Vermutung zumindest für Wertpapiere, die nach der Eröffnung des gemeinschaftlichen Oder-Depotkontos und während intakter Ehe erworben worden sind, deshalb gelten lassen müssen, weil das mit der Begründung bzw. Einräumung der Gesamtgläubigerschaft sich ergebende unabhängige und nach außen uneingeschränkte Einzelverfügungsrecht des anderen Ehegatten die Annahme erlaubt, dass ihm eben nicht nur dieses Verfügungsrecht, sondern auch die dingliche Mitberechtigung an den Wertpapieren eingeräumt werden sollte, wenn der allein erwerbende Ehegatte die Wertpapiere in das gemeinschaftliche Sammelverwahrungskonto einbringt und nicht etwa ein neues Einzelkonto auf seinen Namen eröffnet. Will er dies nicht, ist ihm zuzumuten, dass er aus den Umständen des Einzelfalls die auf die Begründung von Alleineigentum an den eingebrachten Wertpapieren zielende Willensrichtung beim Erwerb darlegt und im Prozess auch beweist.
Sind die eingebrachten Wertpapiere aber bereits vor Einrichtung des Gemeinschaftsdepots angeschafft worden, wird durch die spätere Einbringung in das Gemeinschaftsdepot auch kein Miteigentum an den Wertpapieren begründet, sondern es gilt die bis dahin bestehende dingliche Rechtslage fort, es sei denn, aus den Umständen ergibt sich ausnahmsweise, dass diese Einbringung als Schenkung oder sonstige Zuwendung, etwa zu Versorgungszwecken, an den anderen Ehegatten erfolgen sollte.