Rz. 434

Die Anwendungsbereiche der stillschweigenden Ehegatteninnengesellschaft und des konkludent geschlossenen familienrechtlichen Vertrages sui generis sind mannigfaltig. Sie werden in der Landwirtschaft, bei selbstständigen Handwerksbetrieben, aber auch in kleinen Arztpraxen, Hausverwaltungen und Kleinstbetrieben, die von der Mitarbeit des jeweils anderen Ehepartners teils nicht unerheblich profitieren, gelebt. Denkbar sind auch Fälle, in denen gemeinsam ein Immobilienvermögen aufgebaut wird, das aber nur einem der Ehegatten gehört. Häufig soll so der Zugriff von Gläubigern auf das Vermögen des Ehegatten verhindert werden, damit die Familie von den Erträgen leben und auch weiteres Vermögen bilden kann. Denkbar ist auch, dass die Ehefrau ihrem Ehemann die Verwaltung eines bereits in die Ehe eingebrachten Mietobjektes überlässt und er dies durch seine Bewirtschaftung zu einer erheblichen Wertsteigerung führt. Nicht selten hat auch ein Ehemann mit seiner Arbeitsleistung ein Haus auf dem Grundstück seiner Ehefrau errichtet.

 

Rz. 435

Beide Ausgleichsmechanismen sind dabei grundsätzlich nicht auf den Anwendungsbereich der Ehegattenmitarbeit beschränkt. Beide erfassen vielmehr alle unterschiedlichen Mittel und Leistungen, die zum Erwerb des Vermögens beigetragen haben. So auch Vermögensverschiebungen in Gestalt von Geld- und Sachleistungen.[228]

 

Rz. 436

Die Anwendung der Ausgleichsmechanismen wurde in der Rechtsprechung phasenweise unterschiedlich favorisiert. Zunächst lag in den Jahren zwischen 1950 bis 1970 der Schwerpunkt der Rechtsprechung in derartigen Fällen beim Rückgriff auf die Ehegatteninnengesellschaft. Mit dem Aufkommen des familienrechtlichen Vertrages sui generis wurde dieser gesellschaftsrechtliche Vermögensausgleich in den Jahren 1980 bis 1990 zusehends in den Hintergrund gedrängt. Seit der Entscheidung des BGH vom 30.6.1999[229] erlebt der Rückgriff auf die Ehegatteninnengesellschaft wieder eine Renaissance.

 

Rz. 437

Es gilt also zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein Vermögensausgleich bei Trennung und Scheidung nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen, und somit denen der Ehegatteninnengesellschaft durchzuführen ist. Es ist dabei zu unterscheiden, ob die Ehegatten den Ehegattenvertrag ausdrücklich oder konkludent eingegangen sind.

[228] BGH NJW 1999, 2962, 2965.
[229] BGH NJW 1999, 2962, 2965.

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