Michael Brix, Alexander Erbarth
a) Grundlagen
Rz. 646
Eine Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne von § 741 BGB und eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne von § 705 BGB sind – worauf Karsten Schmidt dezidiert hingewiesen hat – unterschiedliche, einander aber nicht unbedingt widersprechende Tatbestände. Freilich liegt in den meisten Fällen nur das eine oder das andere vor.
Rz. 647
Beide Rechtsinstitute befassen sich allerdings mit unterschiedlichen Fragen:
Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsteht durch den Gesellschaftsvertrag eine schuldrechtliche Zweck- und Zweckfördergemeinschaft, im Fall einer Außengesellschaft zugleich eine rechtsfähige Personengesellschaft im Sinne von § 14 Abs. 2 BGB. Die Bruchteilsgemeinschaft hingegen besteht und erschöpft sich in der gemeinschaftlichen Innehabung eines Rechts und der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten.
Praxistipp
Dementsprechend können eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und eine Bruchteilsgemeinschaft verknüpft werden. So kann unter Gesellschaftern zur Förderung des gemeinsamen Zwecks Bruchteilszuständigkeit in Form von Miteigentum gebildet werden. Umgekehrt können Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft über die bloß gemeinsame Rechtsinhaberschaft hinaus eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingehen, um den gemeinschaftlichen Gegenstand dauerhaft im Interesse aller oder sonst zu einem gemeinsamen Zweck zu nutzen. Jedes Mal treten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Rechtsverhältnis und eine Bruchteilsgemeinschaft als Rechtszuständigkeitsform nebeneinander. Steuerrechtlich kann es sich, wenn neben dem Gesellschaftsvermögen ein zweckgebundenes Miteigentum besteht, um sogenanntes Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter handeln.
Rz. 648
Die Rechtszuständigkeit selbst muss dagegen eindeutig sein, schließlich lautet der Gegensatz nicht: Gemeinschaft oder Gesellschaft, er lautet vielmehr: Bruchteilszuständigkeit oder Gesellschaftsvermögen. Denn Bruchteilszuständigkeit und "Gesamthandszuständigkeit" (in Form eines Gesellschaftsvermögens) schließen sich gegenseitig aus.
Rz. 649
Praxistipp
Die Begründung von Gesellschaftsvermögen setzt eine Rechtsübertragung zu alleinigem Recht der Gesellschaft – also zum Beispiel zu Alleineigentum durch Übereignung und Übergabe bzw. Übergabesurrogat gemäß §§ 929 ff. BGB bei Mobilien oder durch Auflassung und Eintragung gemäß §§ 873, 925 BGB bei Immobilien – auch dann voraus, wenn zuvor bereits Bruchteilszuständigkeit der Gesellschafter, so zum Beispiel und insbesondere Miteigentum, bestand.
Das gilt umgekehrt entsprechend für die Überführung von Gesellschaftsvermögen in Bruchteilsvermögen.
Rz. 650
Es muss noch einmal hervorgehoben werden, dass die Gemeinschaft nach Bruchteilen nichts ist als die mehrheitliche Rechtszuständigkeit an einem Gegenstand, also einer Sache oder einem Recht. Wird ein Gegenstand in ein Gesellschaftsvermögen überführt, entsteht keine Bruchteilszuständigkeit der Gesellschafter, sondern Einheitszuständigkeit der Gesellschaft, also beispielsweise kein Miteigentum der Gesellschafter an der Sache, sondern Alleineigentum der Gesellschaft, jedenfalls sofern es sich um sogenannte Gesamthandsgesellschaften, d.h. rechtsfähige Personengesellschaften im Sinne von § 14 Abs. 2 BGB handelt.
b) Die schwierige Abgrenzung bei bloßem "Halten und Verwalten" als Gesellschaftszweck
Rz. 651
Regelmäßig begründet zwar gemeinschaftlicher Erwerb Miteigentum auch dann, wenn zugleich Verwaltungs-und Nutzungsregelungen im Sinne von § 745 BGB von den Beteiligten getroffen worden sind. Allerdings kann auch das reine "Halten und Verwalten" einer beweglichen oder unbeweglichen Sache gemeinsamer Zweck im Sinne von § 705 BGB seien und die Sache so zu Gesellschaftsvermögen werden.
Rz. 652
Praxistipp
Es entscheidet nicht das Gesetz, sondern allein der Parteiwille darüber, ob eine Gemeinschaft nach Bruchteilen mit Bruchteilsberechtigung oder eine Gesellschaft mit gesamthänderisch gebundenem Gesellschaftsvermögen vorliegt.
Deshalb sind sowohl die Entscheidung des OLG Düsseldorf als auch diejenige des Reichsgerichts abzulehnen; der Rechtsanwalt sollte sich gegen diese Entscheidungen wenden und auf den Parteiwillen abstellen. Freilich ist der Mandant auf die beiden abweichenden Entscheidungen hinzuweisen und entsprechend über das Prozess-bzw. Verfahrensrisiko aufzuklären.
Rz. 653
Entgegen der Ansicht des OLG Düsseldorf kann ein einziges Grundstück mehreren in Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelassen und als Gesamthandseigentum in Gesellschaft bürgerlichen Rechts in das Grundbuch eingetragen werden. Entgegen der Ansicht des Reichsgerichts ent- und besteht kein Miteigentum nach Bruchteilen, wenn Auflassung und Grundbucheintragung auf Erwerb "zur gesamten Hand" lauten.