Michael Brix, Alexander Erbarth
Rz. 271
Die Einstellung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit (nur) in das Endvermögen des selbige im Außenverhältnis rückführenden Ehegatten führt bei der Zugewinnausgleichsberechnung dazu, dass durch die Verminderung des Zugewinnausgleichsanspruchs des anderen Ehegatten dessen (hälftige) Beteiligung an der Gesamtschuld wirtschaftlich erreicht wird.
Rechenbeispiel
Endvermögend des Ehemannes
Eigentumswohnung |
120.000 EUR |
abzgl. gemeinsame Verbindlichkeit |
– 50.000 EUR |
Zugewinn des Ehemannes |
70.000 EUR |
Endvermögen der Ehefrau
Eigentumswohnung |
120.000 EUR |
Zugewinn der Ehefrau |
120.000 EUR |
Differenz |
50.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch des Ehemannes gegen die Ehefrau (1/2 von 50.000 EUR) = 25.000 EUR
Dieser Zugewinnausgleichsbetrag beinhaltet wirtschaftlich die auf die Ehefrau im Innenverhältnis bei den gemeinsamen Verbindlichkeiten entfallende "Kopfquote", denn sie muss 25.000 EUR zahlen, also einen Betrag, der der Hälfte der gemeinsamen Darlehensverbindlichkeit entspricht.
Rz. 272
Gesamtschuldnerausgleich
Aus Vorstehendem erhellt unzweideutig, dass der Gesamtschuldnerausgleich neben der so wie vorstehend durchgeführten Zugewinnausgleichsberechnung nicht gesondert (mehr) geltend gemacht werden kann, denn die Einstellung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit in die Zugewinnausgleichsbilanz des Ehemannes als tilgendem Ehegatten ist eine anderweitige Bestimmung, die eine darüberhinausgehende weitere Beteiligung der Ehefrau hieran ausschießt. Dies leuchtet unmittelbar ein, wenn man sich vor Augen hält, dass andernfalls die Ehefrau über § 426 Abs. 1 S. 1 BGB auch noch die zweite Hälfte der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit zu übernehmen hätte.
Rz. 273
Unterhaltsberechnung
Im vorstehenden Beispiel würde sich der Unterhaltsanspruch der Ehefrau wie folgt darstellen:
Rechenbeispiel
Einkommen des Ehemannes |
4.500 EUR |
(ohne Berücksichtigung der gemeinsamen Darlehensverbindlichkeit)
davon 3/7 |
(gerundet) 1.929 EUR |
Der Ehegattenunterhaltsanspruch der Ehefrau stellt sich ungekürzt um die gemeinsame Darlehensverbindlichkeit dar, die monatliche Rückführungsrate kann beim Ehemann zur Ermittlung seines unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens nicht in Abzug gebracht werden, denn dies würde andernfalls bedeuten, dass die Ehefrau nochmals und damit mehr als hälftig über einen verringerten Ehegattenunterhaltsanspruch zur Rückführung der gemeinsamen Darlehensverbindlichkeit herangezogen würde.
Rechenbeispiel
Einkommen des Ehemannes |
3.500 EUR |
(vermindert um die gemeinsame Verbindlichkeit)
Berücksichtigt man die monatliche Darlehensrate auf die gemeinsame Verbindlichkeit, ist der Ehegattenunterhaltsanspruch der Ehefrau um 429 EUR monatlich gemindert, obwohl sie über den verminderten Zugewinnausgleichsanspruch im Hinblick auf die Einstellung der gemeinsamen Verbindlichkeiten nur im Endvermögen des Ehemannes hieran bereits hälftig beteiligt war. So könnte der Ehemann durch die verminderte Unterhaltslast auf Kosten der Ehefrau finanzielles Vermögen in relevanter Größenordnung aufbauen, ein Ergebnis, das schlicht nicht vertretbar ist.
Rz. 274
Abwandlung
Wenn für den gemeinsamen Kredit neben der monatlichen Rückführungsrate auch noch Zinsen aufzuwenden wären, so wäre der Zinsanteil trotz Einstellung der gesamtschuldnerischen Darlehensverbindlichkeit nur in das Endvermögen des Ehemannes bei den Unterhaltsberechnungen abzugsfähig. Hieran ändert der Umstand nichts, dass im Beispiel die Ehefrau wirtschaftlich ihre Beteiligung an der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit durch Erfüllung eines zugunsten des Ehemannes mit Rechtskraft der Scheidung sofort fälligen Zugewinnausgleichsanspruch wirtschaftlich zu erbringen hat, denn abzustellen ist darauf, dass die gesamtschuldnerische Darlehensverbindlichkeit durch übereinstimmende Willenserklärungen beider Ehegatten mit den tatsächlich gegebenen Konditionen aufgenommen worden ist und Bestandteil dieser übereinstimmenden Willenserklärung die Akzeptanz der Zinsbelastung war. Die insofern übereinstimmend von beiden Ehegatten übernommene und damit akzeptierte Belastung mit Zinsen ist nach der mit Trennung und Scheidung einhergehenden Alleinübernahme der Verbindlichkeit im Außenverhältnis durch nur einen Ehegatten durch diesen nicht mehr einseitig abänderbar, dies auch dann nicht, wenn für die Rückführung der gesamtschuldnerischen Darlehensverbindlichkeit finanzielle Mittel in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen würden; denn dann fällt regelmäßig der Vorfälligkeitszins an.
Rz. 275
Auch durch dieses Beispiel erhellt wiederum, dass unschwer bei Anwendung vorstehend formulierter Grundsätze wirtschaftlich sachgerechte, die Interessen beider Ehegatten in hinreichendem Maße berücksichtigende Ergebnisse erzielt werden, ohne dass auf die Generalklausel von § 242 BGB zurückgegriffen werden müsste.