(1) Einstweilige Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 30 Abs. 1, 180 Abs. 2 bis Abs. 4 ZVG
Rz. 782
Das Verfahren kann gemäß § 30 Abs. 1 ZVG auf Antrag oder mit Einwilligung des Antragstellers ohne weiteres eingestellt werden. Diese Möglichkeit besteht zwar bis zur Erteilung des Zuschlags, ist jedoch in den problematischen Fällen kaum je von praktischer Bedeutung.
Rz. 783
Auf Antrag des Antragsgegners kann das Versteigerungsverfahren durch Anordnungen nach § 180 Abs. 2 bis Abs. 4 ZVG für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren hinausgezögert werden. Der Antrag auf einstweilige Einstellung ist freilich fristgebunden, er muss innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen und dies zudem ab Zustellung einer Belehrung über die Einstellungsmöglichkeiten beantragt werden, § 30b Abs. 1 S. 1 ZVG. Außerdem werden die Einstellungsmöglichkeiten nach § 180 Abs. 2, Abs. 3 ZVG von der Rechtsprechung sehr restriktiv gehandhabt.[647]
Rz. 784
Nach nunmehr überwiegender Rechtsprechung[648] gilt der durch § 765a ZPO gewährleistete Schuldnerschutz auch im Rahmen der Zwangsversteigerung. Die Rechtsprechung stellt jedoch an eine solche Einstellung sehr hohe Anforderungen,[649] die nur sehr selten vorliegen.
(2) Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO und sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO
Rz. 785
Die Abgrenzung der Erinnerung nach § 766 ZPO und der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO erfolgt durch die Rechtsprechung danach, ob eine Entscheidung oder eine Vollstreckungsmaßnahme vorliegt. Eine Entscheidung liegt vor, wenn dem Antrag nach Anhörung des Antragsgegners stattgegeben worden ist sowie dann, wenn ein Antrag des Gläubigers abgelehnt wird.[650] Hingegen soll eine Vollstreckungsmaßnahme vorliegen, wenn dem Antrag des Gläubigers bzw. Antragstellers ohne Anhörung des Schuldners bzw. Antragsgegners stattgegeben worden ist. Im Falle einer Vollstreckungsmaßnahme gilt § 766 ZPO, im Falle einer Entscheidung § 793 ZPO.
Rz. 786
Dementsprechend steht dem Antragsteller-Ehegatten der Rechtsbehelf des § 766 ZPO zur Verfügung, wenn sein Antrag zurückgewiesen wird. Dem Antragsgegner-Ehegatten steht § 766 ZPO zur Verfügung, wenn, wie üblich, ohne seine vorherige Anhörung dem Antrag stattgegeben worden ist. Lediglich in dem Fall, in dem dem Antrag nach Anhörung des Antragsgegners stattgegeben worden ist, steht in diesem der Rechtsbehelf des § 793 ZPO zur Seite.
Rz. 787
Beide Rechtsbehelfe greifen neben und zusätzlich zu § 771 ZPO ein, wenn ein für den funktionell zuständigen Rechtspfleger evidentes Aufhebungshindernis besteht. Dies dürfte in den Fällen der §§ 1365, 1369 BGB der Fall seien, da die große Mehrzahl der Ehegatten im gesetzlichen Güterstand leben, weshalb vom Eingreifen der Vorschriften auszugehen ist. Stellt der Rechtspfleger keine entsprechenden Ermittlungen an, so liegt ein Verfahrensfehler vor, wenn er dem Antrag auf Zwangsversteigerung gleichwohl stattgibt. Auch in den Fällen der §§ 1568a, 1568b BGB und auch in den Fällen der §§ 1361a, 1361b BGB besteht ein evidentes, weil für den Rechtspfleger ohne weiteres erkennbares Aufhebungshindernis.
(3) Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO
Rz. 788
Der sich gegen die Zwangsversteigerung währende Ehegatte kann entsprechend § 771 ZPO Drittwiderspruchsklage erheben, wenn ihm ein aufhebungshindernisbegründendes Recht zusteht. Zwar ist die Teilungsversteigerung keine Form der Zwangsvollstreckung, der andere Ehegatte ist auch nicht Dritter, gleichwohl wendet die Rechtsprechung seit Jahrzehnten § 771 ZPO entsprechend an.[651]
Der Antragsgegner kann sich grundsätzlich auf sämtliche oben (siehe Rn 733 ff., 742 ff.) aufgeführten Aufhebungshindernisse stützen.
Rz. 789
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