Michael Brix, Alexander Erbarth
Rz. 621
Die rechtliche Lage bei Mobilien unterscheidet sich bei strikter Anwendung des Gesetzes nicht wesentlich von derjenigen bei Immobilien. Die durch die Rechtsprechung des BGH vorgenommene Auslegung des § 1357 Abs. 1 BGB sowie des § 1568b Abs. 2 BGB verkehren die rechtliche Lage bei Mobilien freilich in ihr Gegenteil, die Literatur folgt dem weitgehend, paradigmatisch seien die Ausführungen Langheins wörtlich zitiert:
Zitat
"Bewegliche Sachen, die Ehegatten zum Zweck der gemeinschaftlichen Lebensführung erwerben, werden in aller Regel Miteigentum nach Bruchteilen. Dabei spielt es keine Rolle, wer nach außen hin als Erwerber aufgetreten ist. Fragen der Rechtskonstruktion des Eigentumserwerbs (Vertretung? Geschäft für wen es angeht? Antizipiertes Konstitut?) haben allenfalls akademisches Interesse (dazu eingehend Brötel, Jura 1992, 470 ff.; Kobusch, 1ff.)."
Rz. 622
Praxistipp
Seit BGHZ 114, 74, 78 ff. = FamRZ 1991, 923 ff. ist jedenfalls für die Praxis zugrunde zu legen, dass § 1357 Abs. 1 BGB keine dingliche Wirkung entfaltet, sondern insoweit die allgemeinen Erwerbstatbestände der §§ 929 ff. BGB herangezogen werden müssen. Dabei ist zudem im Zweifel bei zusammenlebenden Ehegatten mit gemeinsamem Hausstand davon auszugehen, dass die dingliche Einigung auf Miteigentum beider Ehegatten gerichtet ist.
Legt man dies zugrunde, so tritt nicht nur regelmäßig Miteigentum bei Haushaltsgegenständen entsprechend der Vermutung des § 1568b Abs. 2 BGB ein, soll die Vorschrift doch – über den insoweit klaren Wortlaut hinaus – den allgemeinen Rechtsgedanken enthalten, dass die Ehegatten regelmäßig schon während des Zusammenlebens Haushaltsgegenstände zu Miteigentum erwerben. Weitergehend ist im Anwendungsbereich von § 1357 BGB bei in einer Ehewohnung zusammenlebenden Ehegatten davon auszugehen, dass die dingliche Einigung auf Miteigentum beider Ehegatten gerichtet ist. Es tritt also an die Stelle des gesetzlichen Miteigentumserwerbs im Zweifel rechtsgeschäftlicher Miteigentumserwerb.
Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher rechtsgeschäftlich begründeter Erwerb nicht generell und jederzeit ohne weiteres unterstellt werden kann. Es häufen sich in der Praxis Doppelverdienerehen und Ehen, bei denen Ehegatten sogar unterschiedliche Wohnsitze beibehalten. Die vermögensmäßige Trennung der Ehegattensphären entspricht teilweise auch modernem Selbstverständnis. In solchen Fällen ist im Zweifel rechtsgeschäftlich begründetes Miteigentum nach Bruchteilen nicht anzunehmen.
Praxistipp
Der Rechtsanwalt sollte in diesen Fällen versuchen, unter Darlegung der konkreten, besonderen tatsächlichen Umstände und unter Benennung konkreter Beweismittel (soweit vorhanden Vertragsurkunden, die den auch dinglichen Alleinerwerb des Ehegatten nahelegen; Zeugen aus dem Freundes-, Verwandten-und Bekanntenkreis; es ist hier auch unbedingt an die Vernehmung des eigenen, sich auf Alleineigentum berufenden Ehegatten, als Beteiligter von Amts wegen entsprechend § 448 ZPO in Verbindung mit §§ 113 Abs. 1 S. 2, 112 Nr. 3, 266 Abs. 1 Hs. 1 Nr. 3 FamFG zu denken und eine solche Vernehmung als Beteiligter anzuregen).
Rz. 623
Deshalb sei darauf hingewiesen, dass die dargestellte Rechtsprechung des BGH und demzufolge auch die Literaturstimmen, die diese Rechtsprechung befürworten, entschieden abzulehnen sind.
Rz. 624
Insbesondere Coester-Waltjen hat dezidiert und in der Sache absolut überzeugend herausgearbeitet und dargelegt, dass sämtliche Versuche, die Ehegatten zu einer Erwerbsgemeinschaft zusammenzuschließen, wegen ihrer offensichtlichen Begründungsmängel, heute als endgültig gescheitert angesehen werden können. Gleichwohl sei eine endgültige Entlastung nicht eingetreten: Wer heute Miteigentum an Haushaltsgegenständen und anderen beweglichen Sachen zu begründen wünsche, setze meist bei § 1357 BGB ein, also der Ermächtigung beider Ehegatten, Geschäfte zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Weitergehend enthalte zwar § 1568b Abs. 2 BGB eine dem § 8 Abs. 2 HausratsVO a.F. entsprechende Vermutung des gemeinschaftlichen Eigentums an – nach der Rechtsprechung – auch während der Ehe angeschafften Haushaltsgegenständen und mit der Abschaffung der Surrogation nach § 1370 BGB a.F. für alle Anschaffungen nach dem 1.9.2009 (Art. 229 § 20 EGBGB) möge gemeinschaftliches Eigentum zum Regelfall werden, dies stehe jedoch in einem seltsamen Gegensatz zu einem gesetzlichen Güterstand, der von einer Trennung der Güter ausgehe (§ 1363 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BGB), insbesondere wenn Haushaltsgegenstände das wesentliche Vermögen der Ehegatten ausmachten.
Rz. 625
So sind zwar auch eheneutrale Rechtsverhältnisse der Ehegatten § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB nie vollständig entzogen. Es gibt nämlich keine vollständige Abstraktione von der Ehe und damit auch keine Abstraktione von § 1353 BGB, wenn Ehegatten in ein Rechtsverhältnis eintreten, dass jedermann zugänglich ist. Deshalb kann § 1353 Abs...