Michael Brix, Alexander Erbarth
Rz. 1
Die Klärung der Berechtigung an Kontoguthaben gehört gerade schon zu Beginn der Trennungssituation zu den in der Praxis häufigsten Streitpunkten zwischen Ehegatten und ist für die Prüfung sich daraus ergebender Ansprüche der Ehegatten gegeneinander wegen etwaiger unberechtigter Verfügungen eines Ehegatten sowie auch für die Vorbereitung der güterrechtlichen Auseinandersetzung von eminenter Bedeutung.
Dabei ist zwischen Einzelkonten und Gemeinschaftskonten der Ehegatten zu unterscheiden.
1. Einzelkonten
a) Verfügungsberechtigung im Außenverhältnis
Rz. 2
Einzelkonten werden nur auf den Namen eines Ehegatten geführt. Hier ist im Regelfall keine Auseinandersetzung über das vorhandene Guthaben erforderlich, denn nur der Kontoinhaber ist aus dem zugrunde liegenden Kontovertrag mit der Bank berechtigt und verpflichtet. Dem entsprechend steht im Innenverhältnis der Ehegatten auch nur dem Kontoinhaber ein vorhandenes Guthaben zu. Ob dem anderen Ehegatten für ein solches Einzelkonto eine Vollmacht erteilt wurde, spielt für die vermögensrechtliche Zuordnung dabei keine Rolle.
b) Mitberechtigung durch Bruchteilsgemeinschaft
Rz. 3
Allerdings kann es unter besonderen Umständen auch zu einer Bruchteilsberechtigung des anderen Ehegatten an dem Einzelkontoguthaben im Innenverhältnis kommen.
aa) Vereinbarung
Rz. 4
Diese setzt eine Vereinbarung der Ehegatten voraus, die aber in der Praxis nur selten ausdrücklich getroffen worden sein wird. Es wird deshalb regelmäßig nur eine stillschweigende Vereinbarung einer Bruchteilsberechtigung vorliegen.
Die Voraussetzungen für die Annahme einer konkludenten Vereinbarung über eine Beteiligung des anderen Ehegatten an einem Einzelkonto sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig. Maßgebliches Kriterium ist dabei, dass auf dem Konto des einen erfolgte Einzahlungen nach der Lebenserfahrung beiden Ehegatten zugute kommen sollten, auch ohne die Festlegung einer konkreten gemeinsamen Verwendung. Hierfür genügt ein gemeinsames Sparen mit dem allgemeinen Ziel, das Sparguthaben später zum eigenen Nutzen wie der Daseinsvorsorge für Alter oder Krankheit einsetzen können oder es sogar erst dem Nutzen gemeinsamer Erben zugutekommen zu lassen. Die Annahme einer stillschweigend vereinbarten Bruchteilsgemeinschaft kommt vor allem dann in Frage, wenn mit dem Guthaben auf dem Einzelkonto besondere gemeinsame Ausgabenzwecke in der Vergangenheit bereits verfolgt wurden oder zukünftig verfolgt werden sollen, wie beispielsweise die Anschaffung von Wohnung, Einrichtung oder Familienauto oder die Finanzierung eines Urlaubs oder anderer gemeinsamer Unternehmungen.
Die Beweislast für das Vorliegen einer Bruchteilsgemeinschaft trägt der Ehegatte, der die Ansprüche auf Teilung geltend macht.
bb) Auseinandersetzung
Rz. 5
Liegt eine bruchteilsgemeinschaftliche Mitberechtigung an dem Einzelkontoguthaben vor, stehen dem anderen Ehegatten schuldrechtliche Auseinandersetzungsansprüche nach den §§ 741 ff. BGB zu.
Nach § 742 BGB kann der andere Ehegatten danach im Zweifel einen gleichen Anteil beanspruchen, also das hälftige Kontoguthaben. Dabei ist es unerheblich, welcher Ehegatte in welcher Höhe Beiträge zu dem Guthaben beigesteuert hat und woher diese stammen.
Der Anteil unterliegt entsprechend § 747 BGB keiner Verfügungsbeschränkung.
Die Auseinandersetzung kann gemäß § 749 Abs. 1 BGB jederzeit verlangt werden. Insoweit stellt die endgültige Trennung der Eheleute zugleich einen wichtigen Grund nach § 749 Abs. 2 BGB dar.
Die Aufteilung des Guthabens wird nach § 752 BGB durch Teilung in Natur bewirkt. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte hat demnach einen Auszahlungsanspruch gegen den Inhaber des Einzelkontos in Geld.
cc) Auszahlungsanspruch
Rz. 6
Maßgeblich für die Höhe des Auszahlungsanspruches des anderen Ehegatten ist der Kontostand zum Zeitpunkt der Trennung. Dem ausgleichsberechtigten Ehegatten steht gegen den Kontoinhaber ein Anspruch auf Auskunft über den Kontostand zu diesem Stichtag zu.
Vermindert der Kontoinhaber nach dem Stichtag den Kontostand so, dass das Guthaben für die Befriedigung des aus der Aufteilung resultierenden Auszahlungsanspruches nicht mehr ausreicht, ist der Kontoinhaber verpflichtet, die abgehobene Differenz an den anderen Ehegatten auszukehren. Verbraucht der Kontoinhaber die abgehobenen Beträge, kann er sich jedoch nicht auf Entreicherung berufen.
Der Anspruch unterliegt der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB, die allerdings bis zur Rechtskraft der Scheidung nach § 207 Abs. 1 Satz 1 BGB gehemmt ist.
Der Ausgleichsanspruch ist als sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG vor dem Familiengericht zu verfolgen.