Michael Brix, Alexander Erbarth
Rz. 862
Die Rückabwicklung einer Schenkung kann gem. §§ 527, 528 oder § 530 BGB erfolgen. Die Voraussetzungen hierfür dürften jedoch äußerst selten vorliegen, wobei die Vorschrift des § 527 BGB für Schenkungen unter Ehegatten in der Praxis gänzlich unbedeutend ist.
1. Widerruf wegen Verarmung des Schenkers
Rz. 863
Gem. § 528 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Schenker vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern, wenn er nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen.
Rz. 864
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks gemäß § 528 Abs. 1 S. 1, § 812 BGB lediglich in dem Umfang besteht, in welchem der Schenkungsgegenstand zur Deckung des angemessenen Unterhalts des Schenkers erforderlich ist, so dass er bei einem nicht teilbaren Geschenk wie einem Grundstück von vornherein auf die wiederkehrende Zahlung eines der jeweiligen Bedürftigkeit des Schenkers entsprechenden Wertanteils gerichtet ist, bis der Wert des Geschenks erschöpft ist.
Rz. 865
Wird einem im Sinne von § 528 Abs. 1 S. 1 BGB bedürftigen Schenker Sozialhilfe gewährt und der Rückforderungsanspruch gegen den Beschenkten gem. §§ 93 ff. SGB VII auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet, ist für die Einstandspflicht des verschenkten Vermögens die Einkommens- und Vermögenslage des Schenkers im Zeitpunkt der zur Bewilligung der Hilfe führenden Beantragung von Sozialhilfe maßgeblich. Dem Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers und der Überleitung dieses Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe steht es nicht entgegen, dass das Geschenk – wenn es beim Schenker verblieben wäre – zu dessen Schonvermögen gehört hätte.
Rz. 866
Der Anspruch auf Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers gem. § 528 Abs. 1 S. 1 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist. Diese beträgt gem. § 195 BGB drei Jahre.
2. Widerruf wegen groben Undanks
Rz. 867
Gem. § 530 Abs. 1 BGB kann eine Schenkung widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht.
Rz. 868
Die Annahme einer schweren Verfehlung im Sinne des § 530 Abs. 1 BGB unterliegt strengen Anforderungen. Sie setzt objektiv ein gewisses Maß an Schwere und subjektiv eine tadelnswerte Gesinnung, die einen Mangel an Dankbarkeit erkennen lässt, voraus. Dabei kann die einem Verhalten des Beschenkten zugrundeliegende Gesinnung nur einzelfallbezogen beurteilt werden; es kommt insbesondere auf die Begleitumstände und die Beweggründe an, die den Beschenkten im konkreten Fall zu dem zum Anlass des Widerrufs gemachten Verhalten geführt haben. Eine umfassende Würdigung aller Tatumstände ist deshalb geboten. Beispielsweise kann ein Fehlverhalten des Schenkers die Verfehlungen des Beschenkten zwar grundsätzlich nicht rechtfertigen, aber in einem milderen Licht erscheinen lassen und gegebenenfalls einen Widerruf der Schenkung ausschließen.
Rz. 869
Ein Widerruf wegen vor der Schenkung begangener ehelicher Untreue kommt nicht in Betracht. Die eheliche Untreue kann den Widerruf einer Schenkung nur dann rechtfertigen, wenn sie der Schenkung nachfolgt, denn die darin möglicherweise liegende schwere Verfehlung muss sich gerade im Lichte der vorangegangenen Schenkung als grober Undank darstellen.
Rz. 870
Liegen die Voraussetzungen eines groben Undanks vor, erfolgt der Widerruf gem. § 531 Abs. 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten. Ist diese erfolgt, kann die Herausgabe des Geschenks gem. § 531 Abs. 2 BGB nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.
Rz. 871
Gem. § 532 S. 1 BGB ist der Widerruf jedoch ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten verziehen hat oder wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem Eintritt der Voraussetzungen seines Rechts Kenntnis erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist.
Rz. 872
Auch hier gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gem. § 195 BGB. Für die Entstehung des Anspruchs i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist der Widerruf maßgeblich.