Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 9
Noch ungeklärt ist, ob die Inhalts- und Ausübungskontrolle der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Eheverträgen auf Partnerschaftsvereinbarungen in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft übertragbar ist. Zwar enthält das Zivilrecht keine Regelungen zum Innenverhältnis der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, so dass insofern ein spezifischer Maßstab (zwingendes oder dispositives Gesetzesrecht) für derartige Verträge fehlt. Indes gelten die allgemeinen Grenzen privatautonomer Vertragsgestaltung, insbesondere das Verbot sittenwidriger Rechtsgeschäfte (§ 138 BGB) und das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB), auch für Partnerschaftsvereinbarungen. Über diese Generalklauseln verwirklicht die zu Eheverträgen ergangene Rechtsprechung des BGH den Schutz der benachteiligten Vertragspartei davor, dass sich ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Privatautonomie in eine Fremdbestimmung verkehrt. Anders als bei Eheverträgen dürfte sich die Thematik in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in der Richtung stellen, dass ein Partner vertraglich Pflichten übernimmt, die ihn zu Lasten anderer Gläubiger überfordern. Die umgekehrte Konstellation, dass ein Lebensgefährte sich von seiner Partnerin von seinen gesetzlichen Unterhaltspflichten ihr gegenüber freizeichnen lässt, fällt bereits unter die Sanktion des § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 1614 Abs. 1 BGB. Unterhaltspflichten bestehen in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nur aus Anlass der Geburt (§ 1615l BGB). Auf diesen Unterhalt kann kraft ausdrücklicher Anordnung für die Zukunft nicht verzichtet werden.
Rz. 10
Rechtsprechung zu Verträgen, in denen sich ein unverheirateter Partner zu Leistungen verpflichtet, die ihn zu Lasten anderer Gläubiger oder der Sozialträger überfordern, besteht, soweit ersichtlich, nicht. Allerdings hat der BGH mit Urt. v. 5.11.2008 zu einer derartigen Vereinbarung unter Eheleuten entschieden. Es spricht m.E. einiges dafür, die Grundgedanken dieser Entscheidung auch auf Partnerschaftsverträge zu übertragen und daher in diesem Bereich in der Kautelarpraxis Vorsicht walten zu lassen.
Rz. 11
Im Urt. v. 5.11.2008 hat der BGH ein Leibrentenversprechen zugunsten der Ehefrau für von Anfang an nichtig wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) erklärt, weil die vom Ehemann eingegangene Zahlungspflicht diesen zu Lasten der Sozialträger überforderte. In einem im November 1999, zwei Jahre nach Eheschließung, geschlossenen Ehevertrag schlossen die Eheleute den nachehelichen Unterhalt gegenseitig völlig aus. Der Ehemann verpflichtete sich "als Abfindung" für den Verzicht der Ehefrau einseitig zu einer wertgesicherten Leibrente von monatlich 1.300 DM ab rechtskräftiger Scheidung. Die Parteien schlossen eine Änderungsklage nach § 323 ZPO und damit Anpassung der Leibrente an veränderte Umstände in der Leistungsfähigkeit des Ehemanns ausdrücklich aus. Sie war bis zum Tod oder dem Eintritt der Ehefrau in Rente befristet und in Zeiten einer Vollerwerbstätigkeit der Ehefrau ausgesetzt. Der Ehemann, türkischer Staatsangehöriger, war in der Türkei lebenden minderjährigen Kindern aus einer Vorehe unterhaltspflichtig. Bei Vertragsschluss erzielte der Mann ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 2.220 DM, nach Abzug pauschalierter berufsbedingter Aufwendungen etwa 2.110 DM. Es war nicht damit zu rechnen, dass der Ehemann sein Einkommen wesentlich steigern würde. Die Ehe wurde 2002 geschieden.
Rz. 12
Der BGH entschied, dass die Vereinbarung über die Leibrente wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei (§ 138 BGB). Die Grundsätze der Inhaltskontrolle von Eheverträgen gelten nicht nur zugunsten des Unterhaltsberechtigten, sondern auch zugunsten des Unterhaltspflichtigen. Die Sittenwidrigkeit setzt als objektiven Tatbestand eine einseitige, durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung voraus. In subjektiver Hinsicht sind die Zwecke und Beweggründe der Parteien entscheidend. Dabei kann sich die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht insbesondere in zwei Fallgruppen ergeben. Die eine ist gekennzeichnet durch eine Drucksituation oder ungleiche Verhandlungssituation, die eine Partei zu einem sie einseitig belastenden unzumutbaren Vertrag veranlasst. In der anderen Fallgruppe handeln die Beteiligten grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich zu Lasten der Sozialbehörde, indem einer von ihnen Pflichten zugunsten des anderen auf sich nimmt, die ihn schon bei Vertragsschluss eindeutig überfordern und zum Sozialfall werden lassen würden. Die Voraussetzungen der letztgenannten Fallgruppe hat der BGH im Urt. v. 5.11.2008 bejaht. Hätte der Ehemann die Leibrente in voller Höhe geleistet, so wären ihm nur 810 DM monatlich verblieben. Das ist zu wenig, um die eigene Existenz zu sichern. Dies ist erheblich weniger als der doppelte Regelsatz der Sozialhilfe von 1.096 DM, der dem Ehemann 1999 zugestanden hätte und nur etwas mehr als die Hälfte des notwendigen Selbstbehalts von 1.500 DM nach der 1999 geltenden Düsseldorfer Tab...