Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 168
Die persönlichen Grundeinstellungen eines Menschen können helfen, die Grenzen eines Patientenwillens herauszuarbeiten und auszuloten. Dazu kann ganz entscheidend sein, ob und welcher Religion jemand angehört (vgl. vorstehend)
Nicht gläubige Menschen sind i.d.R. nicht durch religiöse Ge- oder Verbote in ihrer persönlichen Selbstbestimmung eingeschränkt. Aber auch sehr gläubige Menschen offenbaren sich in der Beratung häufig als solche, die sich in keiner Weise durch einen göttlichen Plan eingeschränkt sehen und sich als einen von Gott mit Geisteskraft und Vernunft ausgestatteten Menschen sehen. Menschen die sich "in Gottes Hand" sehen, muss aufgezeigt werden, dass die Verbindlichkeit ihrer Aussagen besonders kritisch bewertet werden könnte und vielleicht aus diesem Grund gar nicht umsetzungsfähig sind. Denkbar sind Einleitungssätze wie:
Rz. 169
Muster 3.22: Wunsch-Werte-Profil – Einstellungen
Muster 3.22: Wunsch-Werte-Profil – Einstellungen
Ich bin religiös/nicht religiös _________________________
Ich sehe mich aus religiösen oder ethischen Gründen nicht/wie folgt _________________________ bei der Errichtung dieser Patientenverfügung eingeschränkt.
Selbstbestimmt leben und entscheiden zu können, hat für mich folgende Bedeutung: _________________________
Rz. 170
In einer Patientenverfügung kann nichts verlangt werden, was rechtlich verboten ist. Man kann also z.B. von niemanden verlangen, dass er einen Suizidwillen umsetzt. Eine solche Verfügung würde die Patientenverfügung gefährden, wenn man auf sie §§ 134, 139 BGB anwenden würde. Gegen die Folgen einer Nichtigkeit spricht allerdings, dass man aus einem solchen Text auf jeden Fall nicht nur den mutmaßlichen Willen ableiten kann, sondern sogar den realen. Wenn die Einstellung zur Sterbehilfe diskutiert und ggf. mit der notwendigen Zurückhaltung dokumentiert wird, dann wird etwas darüber ausgesagt, welche Absolutheit ein Mensch seinem eigenen Überleben zumisst, wenn Sterbehilfe für ihn selbst eine Möglichkeit darstellt.
Rz. 171
Muster 3.23: Wunsch-Werte-Profil – Einstellung zur Sterbehilfe
Muster 3.23: Wunsch-Werte-Profil – Einstellung zur Sterbehilfe
Ich weiß, dass aktive Sterbehilfe in Deutschland verboten ist und ich eine solche Maßnahme auch von niemandem verlangen kann. Ich vertrete folgende Ansicht:
_________________________
Rz. 172
Man kann zu einer solchen Vorgehensweise durchaus unterschiedlicher Auffassung sein. Die Gefahren einer Äußerung liegen auf der Hand. Gleichwohl entspricht es der Erfahrung der Verfasserin, dass die Diskussion über dieses Thema viel über das persönliche Wunsch-Werte-Profil eines Menschen aussagt. Insbesondere Menschen, die Sterbehilfe strikt ablehnen, haben oft sehr dezidierte Gründe für ihre ablehnende Haltung, die für ein Wunsch-Werte-Profil herangezogen werden können.