Dr. Gudrun Doering-Striening
a) Behandlungsvereinbarungen
Rz. 62
Der Gesetzgeber hat zur Förderung der Verbreitung von Patientenverfügungen und vorweggenommenen Behandlungsvereinbarungen, die er ebenfalls als Patientenverfügung ansieht, Betreuern durch § 1827 Abs. 4 BGB (§ 1901a Abs. 4 BGB a.F.) als "Sollregelung" aufgegeben, den Betreuten in geeigneten Fällen auf die Möglichkeit einer Patientenverfügung hinzuweisen und ihn auf dessen Wunsch bei der Errichtung einer solchen zu unterstützen. Geeignete Fälle hat der Gesetzgeber angenommen, wenn "der Betreute nach einer im Zustand der Einwilligungsunfähigkeit durchgeführten ärztlichen (Zwangs-)Behandlung wieder einwilligungsfähig ist, jedoch die Gefahr des erneuten Verlustes der Einwilligungsfähigkeit, namentlich in einer psychischen Krisensituation, droht. Der Betreute soll durch den Betreuer dabei unterstützt werden, für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit festzulegen, ob und welche medizinischen Behandlungen dann auch gegen seinen natürlichen Willen vorgenommen werden sollen und welche Behandlungen zu unterlassen sind."“ Vom Betreuer wird nicht erwartet, dass er den Betreuten in medizinischen Fragen selbst berät. Er soll eine gegebenenfalls notwendige medizinische Beratung durch einen Arzt vermitteln.
b) Persönliche Vorsorge in der letzten Lebensphase
Rz. 63
Durch das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (Hospiz- und Palliativgesetz – HPG) haben Versicherte nach § 39b Abs. 1 SGB V einen Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse zu den Leistungen der Hospiz- und Palliativversorgung erhalten. Nach § 39b Abs. 2 SGB V informiert die Krankenkasse ihre Versicherten in allgemeiner Form über die Möglichkeiten persönlicher Vorsorge für die letzte Lebensphase, insbesondere zu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung.
Rz. 64
Durch das HPG wurde durch § 132g SGB V die gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase als Leistung eingeführt. Zugelassene Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 SGB XI und Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen können den Versicherten in den Einrichtungen danach eine gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase anbieten. Im Rahmen der Versorgungsplanung können und sollen ggf. auch Patientenverfügungen erstellt bzw. erstellte Patientenverfügungen überprüft und erneuert werden:
Zitat
"Im Rahmen der gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase soll den Leistungsberechtigten bezogen auf ihre individuelle Situation ermöglicht werden, Vorstellungen über medizinisch-pflegerische Abläufe, das Ausmaß, die Intensität, Möglichkeiten und die Grenzen medizinischer Interventionen sowie palliativ-medizinischer und palliativ-pflegerischer Maßnahmen in der letzten Lebensphase zu entwickeln und mitzuteilen."
Inhalt der gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase ist ein individuell zugeschnittenes Beratungsangebot über die medizinisch-pflegerische Versorgung und Betreuung in der letzten Lebensphase. Dabei sollen bedürfnisorientiert auf medizinische Abläufe in der letzten Lebensphase und während des Sterbeprozesses eingegangen, mögliche Notfallsituationen besprochen und geeignete Maßnahmen zur palliativen und psychosozialen Versorgung dargestellt werden. Bestandteil der Beratungsgespräche soll auch das Angebot zur Aufklärung über bestehende rechtliche Vorsorgeinstrumente (insbesondere Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsvollmacht) bzw. die Möglichkeit ihrer Aktualisierung sein.
Durch die Dokumentation der Beratungsergebnisse – beispielsweise in Form einer Patientenverfügung – soll ein rechtssicherer Umgang der Einrichtungen sowie der unmittelbar an der Versorgung Beteiligten mit dem geäußerten Willen der bzw. des Leistungsberechtigten ermöglicht werden. Dadurch sollen die individuellen Wünsche mit Blick auf medizinisch-pflegerische Behandlungsabläufe und die Betreuung beachtet werden, selbst wenn die bzw. der Leistungsberechtigte zum Zeitpunkt der Entscheidung über Behandlungen nicht mehr zu einer Äußerung des natürlichen Willens fähig ist.“
c) Hinweis auf Eigenes – Die Interviewmethode
Rz. 65
Rechtlich darf niemand zur Errichtung einer Patientenverfügung gezwungen werden, und trotzdem haben insbesondere Menschen im Umfeld bereits erkrankter, aber sich einer schriftlichen Erklärung verweigernder Menschen oft einen großen Bedarf danach, dass der Betroffene seine Entscheidungen doch selbst niederlegen möge. Wenn der Betroffene den Weg zum Anwalt verweigert, ist es nicht legal, dem Betroffenen einfach eine Unterschrift unter ein "Kreuzchen-Patientenver...