Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 35
Wenn ein Mandant eine Patientenverfügung errichten will, sollte er sich anhand der vorstehenden oder einer ähnlichen Liste dafür entschieden haben, ob er begleitend mindestens eine Vorsorgevollmacht in persönlichen, speziell gesundheitlichen Angelegenheiten oder eine entsprechende Betreuungsverfügung errichten will.
Rz. 36
Das ist schon allein deshalb notwendig, weil es einer Person bedarf, die für den Einwilligungsunfähigen den Behandlungsvertrag mit dem Arzt abschließt (§§ 630a ff. BGB). Bei Einwilligungsunfähigen gilt § 630d Abs. 1 S. 2 BGB und die Einwilligungen des Vertreters in die Untersuchung, Heilbehandlung oder den ärztlichen Eingriff müssen eingeholt werden. Der behandelnde Arzt hat aus dem Behandlungsvertragsverhältnis die Pflicht zu prüfen, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des – zur Entscheidung selbst nicht mehr fähigen – Patienten indiziert ist, und diese Maßnahme mit dem Betreuer unter Berücksichtigung des Patientenwillens zu erörtern. Der Einwilligung in eine Behandlung muss nach § 630c BGB eine verständliche Information und eine Aufklärung nach § 630d Abs. 2 BGB vorausgehen, die nach § 630e Abs. 4 BGB dem Vertreter zu erteilen ist. Dabei reicht eine einmalige Aufklärung ggf. nicht aus – so z.B. bei der Fortsetzung einer künstlichen Ernährung –, weil auch die Fortsetzung einer Behandlung regelhaft auf das Fortbestehen der medizinischen Indikation und den Patientenwillen zu prüfen sind.
Der Patient kann zwar auf die Aufklärung nach § 630e Abs. 3 BGB ausdrücklich verzichten. Das muss dann aber auch ausdrücklich in die Patientenverfügung aufgenommen werden.
Rz. 37
Eine begleitende Vorsorgevollmacht und/oder Betreuungsverfügung wird auch nicht deshalb entbehrlich, weil der BGH von einer unmittelbaren Bindungswirkung der Patientenverfügung ausgeht. § 1828 BGB (§ 1901b BGB a.F.) geht von der Idee eines therapeutischen Arbeitsbündnisses zwischen dem behandelnden Arzt und dem Betreuer/Vorsorgebevollmächtigten aus. Selbst eine unmittelbar anwendbare Patientenverfügung entbindet deshalb nach diesseitiger Ansicht nicht von der gesetzgeberischen Anforderung, dass es einer Person nach § 1827 Abs. 1 S. 2 BGB (§ 1901a Abs. 1 S. 1 BGB a.F.) bedarf, die der auf ihre Anwendbarkeit geprüften Patientenverfügung "Ausdruck und Geltung verschafft". Es wird sich – außer bei Gefahr im Verzug – auch kaum ein Arzt finden lassen, der sich in den wirklich existentiellen Entscheidungssituationen allein darauf verlassen wird, dass er aufgrund einer Patientenverfügung risikolos handeln kann.
Beratungshinweis
Grundsätzlich sollte ein Mandant sich nicht nur auf eine isolierte Patientenverfügung und ein evtl. in Betracht kommendes, zeitlich begrenztes Ehegattenvertretungsrecht verlassen, sondern eine Vollmacht oder eine Betreuungsverfügung in gesundheitlichen Angelegenheiten mit einer Schweigepflichtsentbindung errichten. Auch einem Mandanten, der den zusätzlichen Kostenaufwand für eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung scheut, sollte daher deutlich gemacht werden, dass es einer Person bedarf, die die Patientenverfügung umsetzt und notfalls auch aufgrund des mutmaßlichen Willens des Betroffenen entscheiden kann.
Da sie vom Bevollmächtigten zur Umsetzung der Patientenverfügung regelhaft gebraucht wird, ist in § 18 (Umsetzung der Patientenverfügung) ein Muster aufgenommen worden (siehe § 18 Rdn 32).