Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 186
Es ist sinnvoll in einer Patientenverfügung Ausführungen im Hinblick auf die Rechtssicherheit und Umsetzung der Patientenverfügung zu machen.
(1) Kopien und unterschiedliche Versionen
Rz. 187
Eine Patientenverfügung muss schriftlich erstellt und eigenhändig unterschrieben worden sein. Eine Beglaubigung oder Beurkundung ist möglich, m.E. nach aber in den seltensten Fällen angezeigt. Leider verbindet das Vorsorgeregister, in das man die Vorsorgevollmacht bzw. Betreuungsverfügung registrieren lassen kann, die Patientenverfügung ausschließlich mit diesen Vorsorgedokumenten und fragt, ob eine Patientenverfügung in diesen enthalten ist. Zum einen haben die meisten Menschen voneinander unabhängige Dokumente; zum anderen fordert dies Verknüpfungen mit Einheitspatientenverfügungen heraus, weil sie in notariellen Dokumenten nicht selten einfach mustermäßig angehängt werden.
Bei dem Schriftlichkeitserfordernis der Patientenverfügung ist bisher ungeklärt, welche Bedeutung es hat, wenn nur Kopien einer Patientenverfügung vorliegen oder unterschiedliche Versionen ohne zeitliche Zuordnung.
Hinweis
Mandanten sollten m.E. mehrere zeitgleich datierte und gleichlautende Patientenverfügungen – handschriftlich und eigenhändig unterzeichnet – für ihren Gebrauch erhalten (für sich, für ihre Vorsorgebevollmächtigten und Betreuer, für ihre behandelnden Ärzte, für Krankenhaus und Heime). Es sollten keine Kopien kursieren, sondern besser weitere unterzeichnete Exemplare geschaffen werden. Mandanten sollten darauf hingewiesen werden, dass bei Änderungen/Erneuerungen das neue Exemplar zumindest einen Hinweis auf den Widerruf/die Änderung der alten Patientenverfügung erhalten soll.
(2) Erneuerungszusatz und Aktualitätscheck
Rz. 188
Immer wieder wird empfohlen, die Patientenverfügung "alle zwei bis drei Jahre durch eine weitere Unterschrift zu bestätigen oder zu erneuern." Das entspricht einem Fehlverständnis von rechtlich nach außen wirksamen Erklärungen. Sie gelten fort, bis sie aufgehoben werden. Das Nichtstun hat keine rechtliche Wirkung und erlaubt auch nicht die Schlussfolgerung, dass darin ein konkreter Sinneswandel liege.
Rz. 189
Die zumeist von Medizinern geforderte regelhafte Erneuerung ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Was soll man aus einer Patientenverfügung ableiten, die über einige Zeit regelhaft erneuert wurde und später nicht mehr, weil der Betroffene dies vergessen hat, nicht mehr schreiben konnte etc.? Hat sich der Patient tatsächlich von seiner Verfügung distanziert? Das Risiko solcher Diskussionen darf nicht hingenommen werden. Es sollte daher der Gesetzeswille respektiert und keine Erneuerung verlangt oder empfohlen werden.
Rz. 190
Muster 3.27: Erneuerungszusatz
Muster 3.27: Erneuerungszusatz
Diese Patientenverfügung habe ich nach persönlicher Beratung erstellt. Eine medizinische Beratung habe ich eingeholt
alternativ: werde ich gegebenenfalls selbst einholen
alternativ: Ich verzichte ausdrücklich und bewusst auf eine ärztliche Beratung.
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ich vom hier erfassten Regelungsumfang nicht abweichen will, es sei denn ich widerrufe diese Patientenverfügung. Ich verzichte bewusst auf regelmäßige neue Unterschrift unter meine Patientenverfügung und wünsche nicht, dass in einer akuten Situation eine Änderung oder die Aufgabe meines vorstehend bekundeten Willens wegen des Fehlens einer aktuellen Bestätigung meines Willens unterstellt wird.
Unabhängig von dem Erneuerungszusatz muss der Mandant den Hinweis erhalten, dass die Patientenverfügung regelmäßig gewissen Aktualitäts- und Anpassungschecks unterzogen werden sollte, wenngleich dies gesetzlich nicht gefordert ist.
(3) Widerruf und Interpretationsverbot
Rz. 191
Aus rechtlichen Gründen gilt eine Patientenverfügung so lange, bis sie widerrufen wird. Nach § 1827 Abs. 1 S. 3 BGB (§ 1901a Abs. 1 S. 3 BGB a.F.) kann der Widerruf einer Patientenverfügung jederzeit formlos erfolgen. Der Widerruf kann ausdrücklich mündlich sowie auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Davon soll abzugrenzen sein die (teilweise) Abänderung einer Patientenverfügung, die wiederum dem Schriftformerfordernis des § 1827 Abs. 1 BGB (§ 1901a Abs. 1 BGB a.F.) unterfallen soll. Ob diese Differenzierung sinnvoll und richtig ist, erscheint fraglich.
Rz. 192
Ein besonderes Problem besteht in später abgegebenem situativ-spontanem Verhalten der Patienten gegenüber vorzunehmenden oder zu unterlassenden ärztlichen Maßnahmen. Ist das ein wirksamer Widerruf einer Patientenverfügung? Das Bundesverfassungsgericht verweist auf die Gesetzesbegründung:
Zitat
"Nach der Gesetzesbegründung umfasst die Prüfung alle Gesichtspunkte, die sich aus der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation der Betroffenen ergeben, insbesondere auch die Prüfung, ob das aktuelle Verhalten der nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten konkrete Anhaltspunkte dafür zeigt, dass sie unter den gegebenen Umstände...