1. Antragsrecht
Rz. 48
Auf die Sozialleistungen besteht ein einklagbarer Anspruch (§ 38 SGB I). Die Sozialleistungen werden zwar nicht von Amts wegen gewährt, es muss ein gesonderter Antrag gestellt werden. Diesen Antrag kann aber auch der Gläubiger anstelle des Schuldners stellen. Das Antragsrecht ergibt sich nach der Pfändung des konkreten Sozialleistungsanspruchs.
2. Pflegegeld
Rz. 49
Der anspruchsberechtigte Personenkreis für ein zu zahlendes Pflegegeld ergibt sich aus § 37 SGB XI. Der Anspruch des Pflegebedürftigen auf Pflegegeld ist als Anspruch zum Ausgleich von Körper- und Gesundheitsschäden nicht pfändbar. Das an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld ist ebenfalls unpfändbar (arg. § 399 BGB und § 851 Abs. 1 ZPO).
Rz. 50
Wird das Pflegegeld durch einen privaten Pflegeversicherer gezahlt, ist die grds. Unpfändbarkeit aus § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO abzuleiten. Nur wenn die Pfändung der Billigkeit entspricht, könnte einem Pfändungsantrag des Gläubigers stattgegeben werden. Ein vom Träger der Jugendhilfe als Teil des Pflegegeldes an die Pflegeeltern für ein in deren Haushalt aufgenommenes Kind ausgezahlter "Anerkennungsbetrag" ist ebenfalls unpfändbar. Damit stellt der BGH klar, dass der als Aufwandsentschädigung bezeichnete Erziehungsbeitrag bei der Hilfe zur Erziehung der Bedarfsdeckung des Kindes dient. Er ist nicht an den Bedarf der Pflegeperson, sondern allein an den des Kindes geknüpft und kann als Bestandteil des Unterhaltsanspruchs des Kindes hiervon nicht abgetrennt werden. Ebenso wie ein Elterngeld oder eine Studienbeihilfe sind solche Beträge unpfändbar.
Rz. 51
Wird der Pflegegeldanspruch des Pflegers gepfändet, stellt sich die Frage, ob dieser Anspruch einem Arbeitseinkommensanspruch gleichzustellen ist (§ 850 Abs. 2 ZPO). Mangels Vertragsverhältnis zwischen Pflegling und Pfleger (Verwandter) geht die Pfändung regelmäßig ins Leere. Anders ist jedoch die Leistung ambulanter Pflegedienste zu bewerten, die diese Aufgaben berufsmäßig ausüben.
3. Rückerstattungsanspruch
Rz. 52
Einige Entscheidungen sind in den letzten Jahren zur Frage der Pfändbarkeit von Beitragserstattungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 210 SGB VI (früher § 1303 RVO) ergangen. Eine Beitragserstattung kommt insbes. bei rückkehrwilligen ausländischen Arbeitnehmern zum Tragen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen
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dem Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge und |
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dem Anspruch auf Beitragserstattung bei Wegfall der Versicherungspflicht. |
Rz. 53
Im ersten Fall handelt es sich um einen rein vermögensrechtlichen Anspruch, mithin nicht um eine Sozialleistung, die wie jede andere Forderung auch grds. pfändbar ist. Im zweiten Fall handelt es sich um eine einmalige Sozialgeldleistung gem. § 54 Abs. 2 SGB. Die Pfändung kann daher nur erfolgen, wenn der Gläubiger zur Billigkeit entsprechende Tatsachen vorträgt. Die Schwierigkeiten i.R.d. Billigkeitsprüfung sind jedoch stark eingeschränkt, da der Rückerstattungsanspruch keiner Zweckbestimmung unterliegt.
Rz. 54
Die Pfändung kann auch bereits dann beantragt werden, wenn der Schuldner selbst noch keinen Erstattungsantrag beim zuständigen Versicherungsträger gestellt hat, die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen jedoch bereits erfüllt sind.
Rz. 55
Auch wenn der Erstattungsanspruch bedingt und noch nicht fällig ist, ist bei den Billigkeitsüberlegungen auf den Zeitpunkt der Pfändung abzustellen.
Die Pfändung in diese Ansprüche ist daher uneingeschränkt zu empfehlen.
Rz. 56
Rückzahlungen aus Heiz- und Betriebskostenabrechnungen eines Vermieters mindern gemäß § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II a.F. auch die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung eines Leistungsempfängers, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Solche Rückzahlungen fallen nicht in die Insolvenzmasse und sind somit auch nicht pfändbar, da sie entsprechend § 54 IV SGB I Pfändungsschutz genießen. Die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 4 Hs. 2 SGB II a.F. findet keine Anwendung, wenn nicht mit gebotener Sicherheit festzustellen ist, in welchem Umfang die tatsächlich entstandenen Kosten der Wärmeversorgung einerseits auf die Heizung, andererseits auf die W...