A. Allgemeines

 

Rz. 1

Nach § 850i Abs. 3 ZPO bleiben die Bestimmungen der Versicherungs-, Versorgungs- und sonstigen gesetzlichen Vorschriften über die Pfändung von Ansprüchen bestimmter Art unberührt. Für die Praxis relevant sind hierbei insbes. die Leistungen der Sozialversicherung, geregelt in dem seit dem 1.1.1976 wirksamen Sozialgesetzbuch Erstes Buch (I) – Allgemeiner Teil (SGB I).

 

Rz. 2

Die für die Pfändung maßgebliche Vorschrift des § 54 SGB I wurde erstmals durch das 1. Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches v. 20.7.1988[1] in den Abs. 4–6 wesentlich geändert. Korrespondierend dazu wurde auch die Vorschrift über die Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen mit einem Anspruch auf laufende Geldleistungen nach dem jedoch nicht bewährt. Durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs – 2. SGBÄndG) v. 13.6.1994[2] wurde § 54 SGB I, außer in den Abs. 1 und 2, nur sechs Jahre später wieder entscheidend korrigiert. Die Änderungen sind am Tag nach der Verkündung, dem 18.6.1994, ohne Übergangsregelung sofort in Kraft getreten.[3]

 

Rz. 3

Schaubild 1: Pfändbarkeit von Sozialleistungsansprüchen (§§ 53, 54 SGB I)

Einmalige Leistungen

 
absolut unpfändbar Dienst- und Sachleistungen §§ 53, 54 Abs. 1 SGB I
bedingt pfändbar einmalige Geldleistungen §§ 53, 54 Abs. 2 SGB I, wenn die Pfändung der Billigkeit entspricht

Laufende Leistungen

 
begrenzt unpfändbar Elterngeld bis zur Höhe der nach § 10 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes anrechnungsfreien Beträge sowie dem Erziehungsgeld vergleichbare Leistungen der Länder § 54 Abs. 3 Nr. 1 SGB I
begrenzt unpfändbar Mutterschaftsgeld nach § 19 Abs. 1 MuSchG, soweit das Mutterschaftsgeld nicht aus einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit herrührt, bis zur Höhe des Elterngeldes nach § 2 BEEG, soweit es die anrechnungsfreien Beträge nach § 10 BEEG nicht übersteigt § 54 Abs. 3 Nr. 2 SGB I
zweckgebunden pfändbar Wohngeld, soweit nicht die Pfändung wegen Ansprüchen erfolgt, die Gegenstand der §§ 9 und 10 WoGG sind § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I
  Mehraufwand für Körper- und Gesundheitsschäden § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I
bedingt pfändbar Kindergeld

§ 54 Abs. 5 SGB I:

nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes, das bei der Festsetzung der Geldleistung selbst berücksichtigt wird
pfändbar alle anderen Ansprüche § 54 Abs. 4 SGB I
[1] BGBl I 1988, 1046.
[2] BGBl I 1994, 1229.
[3] Zu den Änderungen im Einzelnen und ihre Auswirkungen auf die Praxis vgl. Hornung, Rpfleger 1994, 442; Hintzen, ZAP 1994, Fach 14, S. 1003; Behr, JurBüro 1994, 521; Christmann, Rpfleger 1995, 99.

B. Sozialleistungen im Einzelnen

 

Rz. 4

Die einzelnen Sozialleistungen sind in den §§ 18 ff. SGB I aufgeführt. Hierzu zählen insbes.:

§ 18 – Leistungen der Ausbildungsförderung (zuständig sind die Ämter und die Landesämter für Ausbildungsförderung nach Maßgabe der §§ 39, 40, 40a und 45 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes).
§ 19 – Leistungen der Arbeitsförderung (z.B. Berufsberatung und Arbeitsmarktberatung, Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung, Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung, Eingliederung von Arbeitnehmern, Wintergeld in Betrieben des Baugewerbes und in Betrieben solcher Wirtschaftszweige, die von saisonbedingtem Arbeitsausfall betroffen sind, als Entgeltersatzleistungen Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Übergangsgeld, Kurzarbeitergeld und Insolvenzgeld; zuständig sind die Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit).
§ 19a – Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (z.B. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts; zuständig sind die Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit sowie die kreisfreien Städte und Kreise, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind).
§ 19b – Leistungen bei gleitendem Übergang älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand (z.B. Erstattung der Beiträge zur Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und der nicht auf das Arbeitsentgelt entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für ältere Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit verkürzt haben, Erstattung der Aufstockungsbeträge zum Arbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit; zuständig sind die Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit).
§ 21 – Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (z.B. Leistungen zur Förderung der Gesundheit, zur Verhütung und zur Früherkennung von Krankheiten, bei Krankheit Krankenbehandlung, insbes. ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe, Krankenhausbehandlung, medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, Betriebshilfe für Landwirte, Krankengeld, bei Schwangerschaft und Mutterschaft ärztliche Betreuung, Hebammenhilfe, stationäre Entbindung, häuslic...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?