Rz. 168

Ebenfalls findet die Vorschrift des § 122 ZPO expressis verbis keine Anwendung, falls dem Beklagten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt wurde. Bei verlorenem Prozess würde er zunächst über § 122 Abs. 1 Buchst. a ZPO von den entstehenden bzw. rückständigen Gerichts- bzw. Gerichtsvollzieherkosten befreit werden. Dies nützt ihm allerdings wenig. Denn die Staatskasse würde sich in einem solchen Fall beim Kläger nach § 31GKG schadlos halten. Dies hätte wiederum zur Folge, dass dieser sodann seine Forderung über den Kostenerstattungsanspruch nach § 91 ZPO (vgl. § 123 ZPO) realisieren würde. Eine solche Konsequenz würde dem Gesetz zuwiderlaufen. Deshalb wird die beklagte Partei über die Regelung des § 31 GKG geschützt. Hiernach soll nämlich ein anderer Kostenschuldner nicht in Anspruch genommen werden, wenn dem nach § 29 Nr. 2 GKG haftenden Entscheidungsschuldner Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.

 

Rz. 169

Da § 122 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 122 Abs. 1 Buchst. a ZPO von "entstehenden" bzw. "rückständigen" Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten ausgeht, ist zunächst fraglich, was geschieht, wenn dies nicht der Fall ist. Dies ist dann gegeben, wenn bereits bei Klageeinreichung der erforderliche dreifache Verfahrensvorschuss geleistet wurde. Bislang wurde von der herrschenden Ansicht davon ausgegangen, dass der Kläger sich diesbezüglich an den Prozesskostenhilfe-Beklagten halten könne.[332] Das BVerfG[333] hat eine solche Folge jedoch für verfassungswidrig erklärt. Vielmehr ist die Staatskasse verpflichtet, dem Kläger die entsprechenden Vorschüsse zurückzuerstatten. Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte nach dem Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss monatliche Raten zu erbringen hat.

 

Rz. 170

Schließen allerdings die Parteien einen Prozessvergleich, so gilt dies nicht. Vielmehr muss die beklagte Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, einen Gerichtskostenanteil zahlen. Dies führt dazu, dass der Kläger, der die Gerichtskosten in voller Höhe gezahlt hat, entsprechend den nach der vereinbarten Quote dem Beklagten zufallenden Anteil gegen diesen festsetzen lassen kann.[334] Insofern hat die Prozesskostenhilfe-Bewilligung daher keinen Nutzen. Dieser Verpflichtung des Beklagten steht auch die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Denn dieser Fall ist nur bei einer gerichtlichen Entscheidung anwendbar und nicht, wenn der Rechtsstreit durch Parteivereinbarung, z.B. durch einen Vergleich, beendet wird.

 

Rz. 171

 

Hinweis

Eine Nichtbeachtung dieser – zwischenzeitlich durch den BGH entschiedenen – Grundsätze kann für einen Anwalt zu Regressansprüchen der von diesem vertretenen Prozesskostenhilfe-Partei führen. Insofern besteht vor einem Vergleichsabschluss eine Aufklärungsverpflichtung hinsichtlich des Kostenrisikos.

 

Rz. 172

 

Tipp

Taktisch sinnvoll ist es daher für den Prozesskostenhilfe-Beklagtenvertreter, den Vergleichsabschluss zunächst nur auf die Hauptsache zu beschränken und sodann die Hauptsache nach erfolgter Protokollierung des Vergleiches für erledigt zu erklären, um das Gericht zu einer Kostenentscheidung "zu zwingen". Eine Regelung zur Kostentragung darf in diesem Fall nicht in den Vergleich aufgenommen werden. Die Folge ist, dass dann die Regelung des § 31 GKG wieder greift, da eine "Entscheidung" im Sinne dieser Regelung gegeben ist. Hieraus folgt wiederum, dass eine Festsetzung durch die Gegenseite ausscheidet.[335]

 

Rz. 173

 

Hinweis

Für die Nicht-Prozesskostenhilfe-Partei gilt es darüber hinaus zu beachten, dass diese Lösung auf deren Seite allerdings ebenfalls zu Regressansprüchen führen kann. Denn bei einer Entscheidung nach § 91a ZPO entstehen insgesamt drei Gerichtsgebühren nach Nr. 1210 KVGKG, während nach einem endgültig das Verfahren beendenden Vergleich nur eine Gebühr nach Nr. 1211 Nr. 4 KVGKG anfällt. Dies lässt sich nur vermeiden, wenn die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO keine Begründung enthält.

[332] BGH-NJW-RR 1989, 1277.
[333] NJW 1999, 3187 = FamRZ 2000, 474 f.
[334] BGH, Beschl. v. 23.10.2003 – III ZB 11/03, RVG-B 2004, 20 m. Anm. Mock; OLG Düsseldorf BRAGO prof. 2/2001, 14.
[335] Schütt, MDR 2004, 296.

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