Tamara Henkes, Björn Folgmann
A. Mindestanspruch gegen die Staatskasse nach § 49 RVG
Rz. 208
Der im Wege der Prozesskostenhilfe, nach § 4a Abs. 2 InsO oder nach § 11a ArbGG beigeordnete Rechtsanwalt erhält seine gesetzliche Vergütung auf Antrag aus der Bundes- oder Landeskasse (§§ 12, 49 RVG).
Rz. 209
Zunächst bestimmt sich der Gebührenanspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt (vgl. § 119 ZPO, § 48 Abs. 1 RVG) und der Anwalt beigeordnet wurde. In erster Linie ist demnach der Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss maßgeblich, auch wenn dieser fehlerhaft ist. Er bindet demnach das Kostenfestsetzungsorgan, sodass Zweifel oder eine abweichende Beurteilung im Festsetzungsverfahren nicht mehr möglich sind. Vielmehr gebietet die Trennung von Prozesskostenhilfe-Bewilligung und anschließender Kostenfestsetzung eine Überprüfung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Gebührenfestsetzungsverfahren. Der Bewilligungsbeschluss ist somit Grundlage für das sich anschließende Kostenfestsetzungsverfahren, in dem der Gebührenanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse konkretisiert wird. Dies gilt nach herrschender Ansicht nur dann, wenn der Beiordnungsbeschluss keine besonderen Bestimmungen zum Umfang der Beiordnung enthält. Dies ist der Regelfall, sodass der Bewilligungsbeschluss maßgebend ist. Die Bindung des Urkundsbeamten an den ergangenen Bewilligungsbeschluss ist insbesondere bei angeordneten Beschränkungen bedeutsam. Hieraus ergibt sich die Konsequenz, dass, wenn eine solche Einschränkung nicht besteht, der beigeordnete Rechtsanwalt in voller Höhe einen Anspruch gegen die Staatskasse hat.
Rz. 210
Genau wie der sog. Wahlanwalt erhält der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt seine Vergütung wertbezogen nach der Tabelle zu § 13 RVG (§ 49 RVG). Da die Gebührentabelle nach § 49 RVG bis einschließlich des Gegenstandswerts von 4.000,00 EUR der des § 13 RVG entspricht, ist die Vergütung des Prozesskostenhilfe-Anwalts ebenso hoch wie die des Wahlanwalts.
Rz. 211
Erst ab einem Betrag von über 4.000,00 EUR bis zu 30.000,00 EUR steht sich der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt gegenüber dem Wahlanwalt honorarmäßig schlechter. Denn innerhalb der Beträge findet eine Degression statt, die dem Anwalt nur eine Grundvergütung gegenüber der Staatskasse sichern soll.
Rz. 212
Liegt der Gegenstandswert allerdings über 30.000 EUR, so erhält der Prozesskostenhilfe-Anwalt eine Festgebühr von einheitlich 447,00 EUR je Gebühr. Diese kann nur im Fall der Nr. 1008 VV (mehrere Auftraggeber) überschritten werden. Dies gilt auch, wenn in einem Vergleich noch nicht anhängige Gegenstände mitverglichen werden.
Rz. 213
Ist dem Anwalt eine Satz-Rahmengebühr z.B. nach Nr. 3102 VV entstanden, dann muss er ebenso wie ein Wahlanwalt die Höhe dieser Gebühr nach den in § 14 Abs. 1 RVG genannten Kriterien eigenmächtig unter dem dort jeweils aufgeführten Rahmen bestimmen.
B. Weitere Vergütung, § 50 RVG
I. Allgemeines
Rz. 214
Der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt hat grundsätzlich die gleichen Gebührenansprüche wie ein sogenannter Wahlanwalt, der seine Vergütung nach der Regeltabelle des § 13 RVG berechnen darf.
Rz. 215
Die zunächst gebührenmäßige Schlechterstellung eines im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts im Vergleich zu einem Wahlanwalt ohne Prozesskostenhilfe-Beiordnung soll durch die Vorschrift des § 50 RVG beseitigt bzw. gemildert werden. Diese Regelung gewährt dem beigeordneten Anwalt bei Streitwerten über 4.000,00 EUR einen Anspruch auf die sog. "weitere Vergütung". Dadurch steht der beigeordnete Anwalt finanziell mindestens ebenso gut da, wie wenn der Auftraggeber ihn außerhalb der Prozesskostenhilfe eingeschaltet hätte. Er kann allerdings auch besser dastehen als ein Wahlanwalt, denn Gebührenschuldner des beigeordneten Anwalts ist die Staatskasse, die stets zahlungsfähig und auch zahlungswillig ist. Somit braucht der Prozesskostenhilfe-Anwalt nicht auf etwaige Zahlungen eines erstattungspflichtigen Gegners des Auftraggebers zu warten.
II. Höhe des Vergütungsanspruchs
Rz. 216
Auszuzahlen ist der Betrag, den die Staatskasse tatsächlich über die in § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bezeichneten Kosten und Ansprüche hinaus erhalten hat. Sind demnach
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die rückständigen oder entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten sowie |
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die auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche (vgl. § 59 RVG) beigeordneter Anwälte gedeckt |
und ist zusätzlich ein Überschuss entstanden, dann ist der Ausgleichsanspruch des beigeordneten Anwalts zu berücksichtigen und zwar bis zur Höhe der Regelgebühren.
Rz. 217
Der auszuzahlende Betrag beträgt jedoch höchstens die Differenz zwischen den nach § 49 RVG errechneten Gebühren und den Regelgebühren nach § 13 RVG. Dies bedeutet, dass die Auszahlung der weiter...