Rz. 253

Gerade in (Unterhalts-)Familiensachen kommt es häufiger vor, dass Prozesskostenhilfe nur für einen Teilbetrag bewilligt wird. Da sich die Vergütung des Anwalts aus der Staatskasse stets danach bestimmt, für welchen Wert er beigeordnet wurde (§ 48 Abs. 1 RVG), kann es durchaus zu wirtschaftlichen Verlusten kommen, wenn der Anwalt für den von der Prozesskostenhilfe nicht umfassten Wert darüber hinaus gegen die Partei keinerlei Ansprüche mehr geltend macht. Diese können notfalls nach § 11 RVG festgesetzt werden.[455] In Literatur und Rechtsprechung besteht allerdings Uneinigkeit darüber, wie sich die Gebührenansprüche des Rechtsanwalts errechnen, dem lediglich für einen Teil des Streitgegenstands Prozesskostenhilfe bewilligt und der beigeordnet wurde.

 

Rz. 254

 

Beispiel

Der durch den Rechtsanwalt R vertretene Kläger erhebt Unterhaltsklage gegen B auf Zahlung von monatlich 500 EUR.[456] Gleichzeitig beantragt er für das Verfahren Prozesskostenhilfe. Das Gericht gewährt jedoch lediglich Prozesskostenhilfe für einen Anspruch in Höhe von 300 EUR und ordnet in diesem Umfang R bei. Nach streitiger Verhandlung und Beweisaufnahme gibt das Gericht der Klage in Höhe von 300 EUR monatlich statt. Das Gericht setzt den Streitwert auf 3.600 EUR fest (300 EUR × 12; § 51 FamGKG); der nicht von der Prozesskostenhilfe umfasste Teilstreitwert beträgt 2.400 EUR (500 EUR × 12 ./. 300 EUR × 12).

Anspruch gegen die Staatskasse:

Nach § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Anwalt die gesetzliche Vergütung aus der Staatskasse. Die Höhe seines Anspruchs bestimmt sich hierbei nach § 49 RVG. Da A nur hinsichtlich eines Teils – nämlich 3.600 EUR – beigeordnet wurde, erhält er demzufolge seine Vergütung aus der Staatskasse nur hinsichtlich dieses Betrages.[457]

Somit erhält A aus der Staatskasse folgende Vergütung:

 
1,3-Verfahrensgebühr 327,60 EUR
1,2-Terminsgebühr 302,40 EUR
Pauschale 20,00 EUR
19 % USt 123,50 EUR
Summe 773,50 EUR

Anspruch gegen die eigene Partei:

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass der beigeordnete Anwalt seinen Anspruch auf die Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen kann (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Dies gilt aber nur hinsichtlich des von der Prozesskostenhilfe umfassten Teils, also vorliegend hinsichtlich 3.600 EUR. Insofern greift die Vorschrift des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht hinsichtlich des Differenzbetrages von 2.400 EUR, für den keine Prozesskostenhilfe bewilligt wurde. Wie sich dieser Anspruch auf die Wahlanwaltsvergütung berechnet, ist umstritten.

[455] Mock, Tipps + Taktik, Rn 1554 ff.
[456] Mock, Tipps + Taktik, Rn 1555.
[457] Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, § 48 Rn 61; JurBüro 1988, 145, 746; BGHZ 13, 37.

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