Rz. 93

Nach dem Gesetzestext muss die mit der Prozesskostenhilfebewilligung beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf – tatsächlichen und rechtlichen – Erfolg haben (§ 114 ZPO).[155] Dies bedingt eine gewisse Wahrscheinlichkeit und daher keine Erfolgsgewissheit.[156] Es ist zwar unbedenklich, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der hinreichenden Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abhängig zu machen. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Diese Tendenz ist bei vielen Gerichten erkennbar, sodass der Antragssteller darauf achten sollte, dass über sein Prozesskostenhilfegesuch bereits vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden wurde, da einige Gerichte auch dazu neigen, auf dem Wege der noch nicht bewilligten Prozesskostenhilfe Druck auf den Antragssteller dahingehend auszuüben, dass bei Abschluss eines bestimmen Vergleiches die Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch in Betracht komme. Das Prozesskostenhilfeverfahren will hingegen den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz fordert, nicht selbst bieten, sondern nur zugänglich machen. Auslegung und Anwendung des § 114 ZPO obliegen allerdings in erster Linie den Fachgerichten. Verfassungsrecht wird nur verletzt, wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Rechtsschutzgleichheit beruhen. Die Gerichte überschreiten insoweit den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer weniger bemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich dann der Fall, wenn durch eine Überspannung der Anforderungen an die Erfolgsaussicht der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt wird.[157] Eine solche Überspannung ist nicht schon gegeben, wenn die Fachgerichte annehmen, eine Beweisantizipation sei im Prozesskostenhilfeverfahren in eng begrenztem Rahmen zulässig.[158] Kommt jedoch eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem weniger Bemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe zu verweigern.[159]

 

Rz. 94

Besteht Erfolgsaussicht nur hinsichtlich eines Teils des Gegenstandes, so ist auch nur hierfür PKH zu bewilligen, im Übrigen ist sie zu versagen.[160] Dem Antragsteller, der z.B. die Erhebung einer Klage beim Landgericht beabsichtigt, kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, wenn das Landgericht für die streitige Entscheidung sachlich nicht zuständig ist. Sind die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage nur für eine Teilforderung zu bejahen, für deren Geltendmachung die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet ist, hat das Landgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insgesamt zu verweigern, sofern nicht die Klage in einem die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründenden Umfang (wegen des Restbetrages auf eigene Kosten des Antragstellers) erhoben werden soll (bzw. bereits erhoben ist). Zunächst ist also stets zu prüfen, ob eine Abgabe des Prozesskostenhilfeverfahrens an das Amtsgericht in Betracht kommt. Auf diese Möglichkeit, einen Verweisungsantrag zu stellen, hat das befasste Gericht hinzuweisen.[161]

 

Rz. 95

Insofern dürfen schwierige Rechtsfragen im Bewilligungsverfahren nicht entscheiden werden.[162] Dies deshalb, weil die Prozesskostenhilfe ja gerade den Zugang zur Wahrung der rechtlichen Interessen gewähren soll. Etwas anderes würde dazu führen, dass der Zweck der Prozesskostenhilfe verfehlt werden würde.

Bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe darf daher bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung lediglich geprüft werden, ob die Klage im Zeitpunkt der Entscheidungsreife hinreichend erfolgversprechend war.[163] Andererseits wird gefordert, dass in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung auszugehen ist.[164] Letzteres ist nicht der Fall, wenn der Antragsteller nicht in der Lage ist, konkrete Angriffe gegen zwei von der Gegenseite beauftragte Privatgutachten vorzubringen.[165] Andererseits wird auch die Ansicht vertreten, dass das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragsstellenden Partei aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält.[166] Gleiches gilt, wenn der Antragsteller bereits nicht in der Lage ist, geeignete Beweismittel überhaupt bereitzustellen.

Für eine einzulegende Beschwerde muss der Antragsteller den Antrag auf PKH in...

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